20.000 Meilen unter dem Bass

Eisberg trifft Elektronik: Das Trio „mosermeyerdöring“ trommelt auf Turbinen, mag Industrialsounds und zeigt dazu Tiefseefilme, in denen Mikroorganismen herumschweben. Ihre „Wassermusik“ wird ab morgen im Dock 11 aufgeführt

Beim Schwimmen im Meer fühlt man sich gut, weil der Körper dahinschwebt, als könnte er die Schwerkraft überlisten. Wäre nicht die Angst vor der Tiefe: „Wenn ich schwimme, habe ich immer beides: den Wunsch, unter Wasser zu sein, und in jene Welt abzutauchen und zugleich die Angst davor.“ Christian Meyer geht gern ins Wasser, manchmal schwimmt er sogar den schwierigen „Schmetterling“. Eine Schwimmbrille trägt er dabei nicht.

Meyer gehört zu „mosermeyerdöring“, eine Berliner Band, die mit dem Thema „Wasser“ experimentiert. Rudolf Moser, Christian Meyer und Roger Döring bearbeiten in ihrer „Wassermusik“ das fremde Element in visuellen und musikalischen Codes. Sie erzeugen Soundscapes zu collagierten Unterwasserfilmen und machen daraus ein „theatrales Konzert“. Digitale Tracks, sonderbares Schlagwerk, Blasinstrumente und Stimmen treffen auf Tiefseebilder, die durch transparente Leinwände geschickt und rückprojiziert werden. Man sieht Vulkanausbrüche auf dem Meeresgrund, selbst leuchtende Mikroorganismen und riesige Eisberge. Man hört Elektronik- und Industrial-Livesounds. Das ergibt ein dreidimensionales Schweben in Blau und Rot. Und der Zuschauer sitzt mittendrin.

„Man kann sich aussuchen, ob man einen ‚Film‘ sehen will und die Musik wie einen Soundtrack dazu hört, oder ob man in einem Livekonzert ist, das von den Bildern des Films nur untermalt wird, wie mit Lichteffekten“, erklärt Meyer, der Klangschleifenerzeuger, „Rogers Klarinettenspiel zum Beispiel übernimmt den erzählenden Part, der die abstrakten, flächigen Stücke unterbricht.“ Nicht nur sphärisch-driftende Endlosschleifen bekommt man zu hören, auch „Stücke mit Popsongstrukturen“, Elemente von Ambient „und brachiale Stücke“, ergänzt Schlagzeuger Rudolf Moser, „das ist neu“.

„Mosermeyerdöring“ geht aus dem „Orchestra Obscur“ hervor, das Moser und Döring vor zehn Jahren in Berlin gründeten, um „Klangforschung zu betreiben“. Neben den akustischen Experimenten spielte man Theater, Moser baute seine Instrumente selbst oder entfremdete Geräte wie Flugzeugturbinen für seine Arbeit mit Bassfrequenzen. „Von der Turbine ist nur der Motorkern übrig und die Lamellen. Die kann man, wenn sie sich drehen, anschlagen, und das ergibt einen merkwürdig feinen Ton, so wie eine Sternschnuppe klingen würde oder, ähm, Feenstaub“, ergänzt Döring.

Letztes Jahr, auf der Europatour der „Einstürzenden Neubauten“, bei denen Moser derzeit spielt, war die Turbine auch dabei. Und für die „Wassermusik“ im Dock 11 wird sie ebenfalls bearbeitet. Neben Aluplatten, Autoreifen – „die geben einen satten warmen Bass“ – und Trockeneis.

Vor zwei Jahren trafen Moser und Döring auf Christian Meyer, der Musik für Tanztheater und Film komponiert. „Unsere Musik veränderte sich, und ein neuer Name musste her. So kam es zu ‚mosermeyerdöring‘.“ Letztes Jahr brachte die Band ihre erste CD, „Moser, Meyer, Döring“ mit melancholischen Klangwelten und erotischen Texten heraus. Der Soundtrack zum Film „alaska.de“ ist von ihnen. Die „Wassermusik“ führen sie zum dritten Mal auf. „Diesmal haben wir musikalisch nicht so sehr die Bilder bedient, sondern sind über die Unterwasserklänge hinausgegangen. Die Sounds“, so Döring, „brechen aus, es passiert mehr, mit uns und im Raum.“ Ertrinken wird niemand. JANA SITTNICK

„Wassermusik“ vom 2. bis 4. 2., 20.30 Uhr, im Dock 11, Kastanienallee 79