Und ewig spritzen die Geysire

■ Neu im Kino: „Maria“von Einar Heimisson

Tot war Opas Kino ja nie, aber daß nun ausgerechent der Hochschul-Abschlußfilm eines Isländers so aussieht und wirkt, wie die schlimmsten deutschen Taschentuchfilme der 50er Jahre, ist schon etwas merkwürdig.

Damals hätten Maria Schell oder Ruth Leuwerik die „Maria“ähnlich aufrecht, innig und keusch gespielt wie heute Barbara Auer. Und auch das Thema dieses Melodrams war vor 40 Jahren hochaktuell: am liebsten weinte man damals über arme Flüchtlinge aus dem Osten, die in den Nachkriegsjahren schlimmes erlebt haben, und denen man danach von Herzen etwas kleinbürgerliches Glück wünschte. Einar Heimisson kaschiert diese uralten Genrekonventionen recht fadenscheinig mit dem Hinweis auf seine Recherchen, die „ein Kapitel bisher kaum bekannter deutscher Nachkriegsgeschichte“beleuchten.

1949 suchte der Isländische Bauernverband im Raum Lübeck weibliche Arbeitskräfte, die nach den Kriterien „rassischer Reinheit, guter Gesundheit und einwandfreiem Lebenswandel“ausgesucht wurden. Insgeheim war dies ein Heiratsmarkt für die isländische Landbevölkerung, denn die Amerikaner hatten im Zweiten Weltkrieg die meisten attraktiven Frauen weggeheiratet.

Heimissons Maria ist eine Flüchtlingsfrau aus Schlesien, die nach Island reist, um dem Lagerleben in Deutschland zu entfliehen, und sich danach auf einem abgelegenen isländischen Hof mit einem groben, einsilbigen Bauern herumschlagen muß, der ihr sehr handfest nachstellt. Der Wikinger-Matrose auf dem Schiff bei der Überfahrt, in den sie sich natürlich prompt verliebt, heißt Olaf; ihre einzige deutsche Freundin in Island heißt Hedwig; und so klischeehaft wie ihre Namen sind sie dann auch. Ein wildes Pferd ist Marias einziger treuer Gefährte in der isländischen Wildnis, und auf ihm entflieht sie dann schließlich dem aufdringlichen Bauern.

Politisch korrekt muß das Rührstück bei seiner penetranten Biederkeit natürlich auch sein, und deshalb trifft Maria nach ihrer agrarischen Phase im dritten Akt in Reykjavik einen aus Deutschland entkommenen Juden, der natürlich nur gut zu ihr ist, sie heimlich liebt und an Schwindsucht leidet. Durch ihn kann Maria sich wunderbar für ihr Land schämen, die wahre Liebe entdecken, und sich für einen Kranken aufopfern. Spätestens jetzt wird klar, daß der Regisseur ihr nicht umsonst den Namen einer Heiligen verpaßt hat.

Heimisson inszeniert all das mit viel Pathos, Bilderbuchlandschaften und romantisch schwellender Filmmusik. Und weil er ohne einen Funken Ironie erzählt, passieren ihm solche Dialogstellen wie: „Die Wellen sind wie das Leben: schön und gefährlich, mit Höhen und Tiefen!“Aber auch deren unfreiwillige Komik macht „Maria“kaum erträglicher.

Wilfried Hippen

Cinema tägl. 19 Uhr