„Wann fängt es denn endlich an?“

■ Wenn Statisten schwitzen / Als Komparse auf St. Pauli

So gegen 19 Uhr wurde es dann unerträglich – vor allem für die Lütten, die in den ersten Reihen des St. Pauli-Theaters ausharrten. Seit vier Stunden saßen sie nun schon geduldig hier, um als Statisten für den neuen Film von Joseph Vilsmaier, „Charlie und Louise – Das doppelte Lottchen“, das begeisterte Publikum zu mimen. Doch allmählich wurde es langweilig.

Etwa 250 kleine und große Leute schwitzten am Montag ab 15 Uhr in dem mit unzähligen Scheinwerfern ausgeleuchteten Publikumsraum, wo die Luft schon nach einer Stunde zum Zerschneiden dick wurde. Vilsmaier und seine Crew wollten hier im Saal die Schlußszene drehen, wo der Pappi der beiden Mädels, gespielt von Heiner Lauterbach, seinen großen Erfolg als Musicalkomponist und Dirigent feiern sollte.

Das „Publikum“ gab sich auch sehr viel Mühe, nicht zu enttäuschen, was angesichts der unsäglich schlechten Musik, die zum x-ten Mal vom Band gedudelt kam, schon an Heldenmut grenzte. Es gröhlte und jubilierte, grad' so, wie es der Meister verlangte. Obwohl viele Szenen dauernd wiederholt werden mußten. Denn die Kleinen schauten nicht an den Kameras vorbei, was sie laut Regieanweisung zu tun hatten, sondern mangels Interesse an den dürftigen Tanzdarbietungen auf der Bühne direkt hinein. Auch schreckten sie zu vorgerückter Stunde aus Langeweile nicht mehr davor zurück, während der Aufnahme am Frack des Dirigenten zu zupfen oder die Beine auf den Rand des Orchestergrabens zu legen. Einige Kids fragten ihre Eltern, wann der richtige Film endlich anfänge. Ratlose Blicke aus verschwitzten Gesichtern als Antwort. Kurz vor der endgültigen Quengelphase der Kinder – und der Erwachsenen – hatte Regisseur Joseph Vilsmaier um halb acht ein Einsehen. Endlich war es geschafft, die „Szene im Kasten“.

„Vielen Dank, ihr woard oan oasgezeichnetes Bublikum!“. Verbalen Dank und 50 Mark „Gage“ für jeden. Schweißnaß und durstig zog es danach zumindest den erwachsenen Teil der Statistenschar durch den lauen Kiezabend hin zum verdienten eisgekühlten Bier.

Peter Behrendt