■ Der Sudan auf der „Terror-Liste“ der USA
: Die kleinen Unterschiede

Die Vereinigten Staaten sind im Begriff, den Sudan auf die Liste der den Terrorismus begünstigenden Staaten zu setzen. Washington hat offensichtlich genügend Beweise dafür, daß die sudanesische Regierung ihre Hand in dem Bombenanschlag gegen das World Trade Center in New York hatte. Der Sudan würde dann nach dem Irak, dem Iran, Syrien, Libyen, Kuba und Nordkorea der siebente Staat sein, den die USA als terroristisch ansehen. Nun ist der Regierungsterror ein reales Phänomen. Syrien, man weiß es, hat lange Zeit nicht nur die RAF, sondern auch radikale iranische Kampfgruppen unterstützt, die westliche Kauf- und Fachleute im Libanon als Geiseln nahmen. Libyen hat mit seinem Angebot, die Opfer des Attentats von Lockerbie zu entschädigen, indirekt zugegeben, an dem Attentat beteiligt gewesen zu sein und die Attentäter zu beherbergen. Der UNO-Sicherheitsrat hat letzte Woche den Handels- und Verkehrsboykott gegen das Land verlängert.

Über diesem Regierungsterrorismus darf man aber nicht vergessen, daß es auch den politisch motivierten Terrorismus gibt, der sich aus ungelösten Territorialkonflikten speist. In Spanien und in Nordirland geht es um die Unabhängigkeit unterdrückter Minderheiten; im Nahen Osten hat die PLO vor Jahren terroristisch agiert, um Israel zu Kompromissen zu zwingen. Auch die Raketen der Hisbollah-Milizen auf Städte in Nordisrael markieren territorial gestützte Herrschaftskonflikte. Hier führt der Begriff des Terrorismus, so gern er auch verwandt wird, in die Irre. Selbst Israel ist es nicht gelungen, mit Hilfe dieser Stigmatisierung die PLO auf Dauer vom Verhandlungstisch fernzuhalten; die Regierung Rabin hat jetzt die Konsequenz daraus gezogen.

Diesem politischen Terrorismus kann man nicht mit Unterdrückung beikommen. Man muß seine Ursachen beseitigen. Der kleine Unterschied ist wichtig, weil der politische Terrorismus erheblich zunehmen könnte. Die türkischen Kurden haben vor ein paar Wochen in ganz Europa einen Vorgeschmack dessen gegeben, was nicht mehr undenkbar ist. Mit kleinen Kernwaffen oder mit biologischen Waffen könnte die industrialisierte Welt leicht zur Geisel des Kampfes gegen die politische Unterdrückung werden.

Amerika tut also recht, wenn es der Regierung in Khartum auf die Füße tritt (und glücklicherweise die Hilfe für die Menschen im südlichen Sudan nicht einstellt). Aber der Westen muß sich rechtzeitig um die Ursachen des politischen Terrors kümmern und damit die große Quelle der gesellschaftlichen Gewalt verstopfen. Ernst-Otto Czempiel

Der Autor lehrt politische Wissenschaften an der Universität Frankfurt am Main