Dritte Flöte in der Zaubermaus

■ Emmi & Bertie im Curio-Haus: erst „80 Jahre im Beruf“

Alternde, abgetakelte Künstler sind oft nicht von der Bühne zu bewegen. Die Kammersängerin Emmi Hempel Bertie und ihr Gatte Dr. Hieronymus Bertie sind als „Emmi & Bertie“ jahrelang erfolglos durch die Lande getingelt. Auf ihrer garantiert letzten Abschiedstournee „80 Jahre im Beruf“ gastierten sie vorgestern beim Europäischen schwul-lesbischen Jugendtreffen im Curio-Haus.

Die Hamburger Christoph Dompke alias Emmi und Hans Peter Reutter alias Dr. Bertie haben sich in ihrem aktuellen Programm in die Untiefen einer Altersbeziehung versetzt. Emmi und Bertie kennen sich so gut, daß sie sich wirklich nicht mehr ausstehen können. Aber so sehr sie sich hassen, so sehr lieben sie einander auch. Warum sollten sie Scherze über Dritte machen, wo doch der Bühnenpartner genug Angriffsfläche für allerlei Garstigkeiten bietet?

Die Prominenz sparen sie dennoch nicht aus. Alfred Biolek, Rosa von Praunheim und „Pavian Lucerotti“ bekommen ihr Fett weg, wenn das Duo seine doppelbödigen, kalauernden Dialoge spinnt. Die Lieder der beiden sind Parodien auf alte Schlager und Operettenstücke, aber auch Eigenkompositionen. Ihre Gesangsqualität entspricht dabei allerdings an einigen Stellen deutlich der Rolle altersgeschwächter Künstler. Aber hier sind auch pointierte Perlen zu finden, besonders wenn Sprachgrenzen überschritten werden, wie etwa bei einem spritzigen „So-Do-MI“-Blues auf italienischen Tonsilben oder einem hinreißenden Rossini-Duett als Katzenjammer.

Zwischen den Liedern erfährt man allerlei über das Leben des ungleichen Paares: Von Emmis berauschender Rolle als dritte Flöte in der „Zaubermaus“, Dr. Berties Umstellungskur von Himbeergeist auf Himbeersaft und ihren mehr oder weniger erfolgreichen Volkshochschulkursen für Senioren. Dabei werben sie unablässig für ihren Wohnort: „Wenn es schlecht um dein Glück steht und dein Zahnfleisch zurückgeht komm doch einfach nach Steilshoop.“ Was für eine Einladung.

Werner Hinzpeter