Demokratie am Start

■ Großflughafen: Umweltministerium beteiligt Bürger und Öko-Verbände / Letztes Wort bleibt aber bei Landesregierung

Brandenburgs Umweltministerium wagt „mehr Demokratie“: Erstmals sollen Bürger und Kommunen aus Berlin und Brandenburg bei der Planung eines Großprojekts über den gesetzlich vorgeschriebenen Rahmen hinaus beteiligt werden. Bei der Suche nach einem optimalen Standort und der Planung des neuen Großflughafens „wollen wir mit den Betroffenen im Konsens arbeiten“, sagte Umweltstaatssekretär Paul Engstfeld (CDU), als er das Mitbestimmungsmodell „Bürgerdialog“ gestern der Presse vorstellte.

Im Mittelpunkt des „Bürgerdialogs“ steht das Flughafenforum, das ab September einmal monatlich unter Ausschluß der Öffentlichkeit tagen wird. Das Forum wird aus 26 Vertretern von Politik, Wirtschaft, Verbänden und Umweltgruppen zusammengesetzt. Jeweils vier Vertreter sind für die bestehenden und potentiellen Flughafenstandorte Tegel, Tempelhof, Schönefeld, Sperenberg und Jüterbog vorgesehen. Jeweils zwei Mitglieder kommen aus der Berliner und Brandenburger Landesregierung sowie der BBF (Berlin-Brandenburg Flughafen Holding GmbH). Dem Forum wird ein Expertenbeirat aus Luftfahrtexperten und Flughafengegnern beigeordnet. In Jüterbog, Sperenberg und Schönefeld werden „kommunale Verbindungsgruppen“ ebenfalls monatlich tagen.

Das Flughafenforum wird Horst Zilleßen leiten, der an der Universität Oldenburg das Zentrum für Umweltkonfliktforschung „Mediator“ leitet. Zilleßen sagte, mit sogenannten Mediationsverfahren seien in den USA die Erfahrungen gemacht worden, daß Planungen schneller und mit größerer Zufriedenheit bei Betroffenen ausgearbeitet würden.

Umweltstaatssekretär Engstfeld verspricht sich von dem Bürgerdialog, daß die Interessen der Beteiligten möglichst weitgehend berücksichtigt werden. Auch wenn letztendlich die Landesregierung über den Standort und die Größe des Airports entscheide, sei dieser Weg der Mitbestimmung eine sehr viel sozialverträglichere Lösung als das konventionelle Anhörungsverfahren.

Auch aus wirtschaftlichen Gründen mache das Verfahren Sinn. Kläger gegen den Flughafen hätten bei Gerichtsverfahren schlechtere Chancen, da ihre Interessen schon bei den Planungen berücksichtigt worden seien – durch schnellere Gerichtsurteile würden der BBF erheblich weniger finanzielle Verluste entstehen. Engstfeld wies den Vorschlag von Wirtschaftsministers Walter Hirche (FDP) von vergangener Woche zurück, für den Bau des Flughafens möglicherweise ein sogenanntes Maßnahmegesetz anzuwenden, mit dem die gesetzlich vorgeschriebenen Mitbestimmungsrechte der Bürger weitgehend aus den Angeln gehoben würden: „Das ist mit dieser Koalition nicht zu machen.“

Das Flughafenforum hat ein Bürgerbüro eingerichtet, das Fragen zum Verfahren beantwortet. Dirk Wildt

Bürgerbüro, Tel: (Teltow) 03328/ 477 – 2142, Fax: – 3026