Bürgernähe im Büro-Eldorado

■ Stadtentwicklungssenatorin lobt die Bürgerbeteiligung beim Ideenwettbewerb Südliche Neustadt

Ein PR-Gag oder was?, hatten sich die Studenten Norbert Nähr, Andreas Schmidt und Hausfrau Susanne Leu gefragt, als sie im März von dem BürgerInnen-Wettbewerb der Stadtentwicklungsbehörde (Steb) erfuhren. „Leben und Arbeiten in der Südlichen Neustadt“ - AnwohnerInnen stellen Konzepte über die Zukunft ihres Viertels vor. Gestern wurden sie für ihre Vorschläge, die sie dann doch eingereicht hatten, von Steb-Senatorin Traute Müller mit 3000 Mark belohnt. Die zeigte sich angesichts des Engagements und der Kreativität der NeustädterInnen „stolz und glücklich“: „Die BürgerInnen lieben ihren Stadtteil und wollen ihn aktiv mitgestalten“, so ihr zufriedenes Resümee.

Der Ideenwettbewerb, ein neuerlicher Versuch der Stadtplanungskultur von unten - in einem Viertel, das erheblich an den Folgen der Boomtown-Euphorie zu leiden hat. Die südliche Neustadt entwickelte sich in den vergangenen Jahren zum Büroneubau-Eldorado - mit allen negativen Konsequenzen für die AnwohnerInnen. Unerträgliche Verkehrsbelastung und sprunghaft ansteigende Mieten drohen dem traditionsreichen Hafenarbeiterquartier den Garaus zu machen. Die Vorschläge der 23 Gruppen- und Einzelprojekte beschäftigen sich demzufolge vornehmlich mit der Reduzierung des Verkehrs, dem Bau neuer Wohnungen und der Gestaltung öffentlicher Grünflächen. Wegen ihres umfassenden Konzepts ernteten die drei SiegerInnen das besondere Wohlgefallen der achtköpfigen Jury aus Fachleuten und AnwohnerInnen.

Es sieht nicht nur Wohnungsbau an der Gerstäckerstraße und am Kuhberg (inclusive Kindertagesheim) vor, sondern auch einen „Stadtgarten Neustadt“ - eine Verbindung des Venusbergs mit dem Elbpark. Herzstück dieses Vorschlags: der „Michelhof“. Der Platz nördlich des Michels, so die Stadtplanerinnen in spe, solle wieder zum „Mittelpunkt des Viertels“ werden. Von der Ludwig-Erhard-Straße durch Neubauten abgeschottet, könnten hier Cafes, ein Altentreff, das Stadtteilbüro und andere soziale Einrichtungen entstehen. „Auch wenn wir uns nicht mit jedem Punkt dieses Konzept verheiratet haben“, so dämpfte Traute Müller die Planungseuphorie etwas, „fanden wir an dieser Idee vieles reizvoll“. Ebenso an dem Vorschlag der JungplanerInnen, die Projekte durch Stadtteilsponsoring der im Viertel ansässigen Unternehmen zu finanzieren. Ob die AnwohnerInnen von ihren Vorschlägen jedoch später auch etwas wiedererkennen können, wird sich noch erweisen müssen. Traute Müller beteuerte, daß viele Anregungen von ihrer Behörde ernst genommen würden. Spätestens dann werden Norbert Nähr, Susanne Leu und Andres Schmidt wissen, ob's doch ein PR-Gag war.

sako