"Noch habe ich Angst vor der Waffe"

■ Bewaffnungsaktion der Frauen von "De Colores": Pro und Contra aus Sicht der Betroffenen

„Noch habe ich Angst vor der Waffe“

Bewaffnungsaktion der Frauen von „De Colores“: Pro und Contra aus Sicht der Betroffenen

Sie haben sich bewaffnet. Gemeinsam sind einige Frauen der autonomen Bremer Immigrantinnengruppe De Colores vergangene Woche einkaufen gegangen — und haben sich Gaspistolen besorgt, um künftig Angriffen auf der Straße nicht mehr hilflos ausgeliefert zu sein, sich selbst schützen zu können.

Nicht alle De Colores-Frauen können sich mit dieser Aktion identifizieren — einige der Immigrantinnen unterstützen sie zwar, lehnen es aber ab, selbst eine Waffe zu tragen. Andere distanzieren sich dagegen völlig von einer Bewaffnung.

Die Angst vor tätlichen Übergriffen sitzt jedoch allen im Nacken. Die taz sprach mit der Politikwissenschaftlerin Rose Baaba Folson aus Ghana, einer Befürworterin, und Rosa Lubia Falk Garcia aus Guatemala von „Frauenanstiftung“ e.V., die entschiedene Gegnerin der Bewaffnungs-Aktion ist.

Pro

taz: Wie ist es zu dem Entschluß gekommen, sich Waffen zu kaufen?

Rose Baaba Folson: Vor etwa zwei Wochen haben sich rund 100 Frauen aus antirassistischen Gruppen aus Bremen und dem Umland getroffen. Wir wollten nach diesen ewigen Demos, die nichts gebracht haben, endlich mal anders aktiv werden. Alle waren sich einig, daß wir vor allem mehr Schutz brauchen und uns selbst darum kümmern müssen. Für mich bedeutete das Bewaffnung.

Heißt das Gewalt gegen Gewalt?

Natürlich wäre es besser, Gewalt nicht grundsätzlich mit Gewalt zu begegnen, aber wir müssen doch die Realitäten sehen. Wenn ich mitten in der Nacht in einer Tiefgarage angegriffen werde, kann ich doch nicht schnell ein Seminar organisieren und über Friedfertigkeit diskutieren. Ich will mich nicht durch diese ständige Angst zerstören lassen. Das hat auch etwas mit Erniedrigung zu tun, was mich sehr wütend macht.

Werden Sie Ihre Waffe einsetzen?

Ja, wenn ich mich verteidigen muß. Noch habe ich Angst vor diesem Ding in meiner Tasche, ich muß mich aber überwinden und lernen, damit umzugehen. Es ist Unsinn zu meinen, sich ständig verstecken zu können. Wir verleihen übrigens unser Transparent „Wir kaufen Schutz“.

Contra

taz:Sie haben den Waffenkauf abgelehnt.

Rosa Lubia Falk Garcia: Auch ich fürchte um mein Leben und halte es für bitter nötig, daß wir nichtdeutsche Frauen in die Offensive gehen. Trotzdem bin ich nicht bereit, eine Waffe anzufassen, geschweige denn zu gebrauchen, da ich mich weigere, Gewalt sozusagen im Voraus zu planen. Ich bin überzeugt, daß das nicht die Lösung ist.

Wie wollen Sie Angriffen begegnen?

Ich setze auf den Dialog, will öffentlich Stellung nehmen, was ja auch schon gefährlich ist, weil ich mich damit zur Zielscheibe mache. Dennoch fürchte ich diese Art von Auseinandersetzung keineswegs, ich habe auch keine Angst vor Wortgefechten mit Rechtsradikalen und Rechtsextremen.

Wie werden Sie sich künftig selbst schützen?

Indem ich meine Forderungen laut ausspreche, einklage und signalisiere, daß ich nicht bereit bin, mich von der Angst erdrücken zu lassen. Ganz wichtig ist mir dabei die Gewißheit, FreundInnen und gute Kontakte zu haben, und das Gefühl von Gemeinschaft und Solidarität. Fragen: Silvia Plahl