Zweispuriger Tunnel für Hemelingen

■ Baubeginn 1998 möglich / 370 Millionen für „abgespeckte Gewoba-Lösung“ / Baubehörde nimmt noch Stellung

Es ist noch etwas zu früh, um den Sekt kaltzustellen. In Sachen Verkehrsentlastung in Hemelingen hat die Baubehörde aber einen großen Schritt nach vorne gemacht. Zwischen der Sebaldsbrücker Heerstraße und dem Autobahnzubringer Hemelingen soll elf Meter unter der Erde ein Tunnel gegraben werden. Das will die Bausenatorin jetzt dem Senat vorschlagen. Anlaß: Ein Gutachten, in dem alle überhaupt angedachten möglichen Varianten zur Verkehrsentlastung in Hemelingen verglichen worden sind. „1998 werden wir frühestens anfangen können zu bauen“, erklärte der Staatsrat der Bausenatorin, Jürgen Lüthge. „Nach vier Jahren Bauzeit können wir dann aber feiern.“ Geplante Baukosten: 370 Millionen Mark.

Insgesamt prüfte das Gutachten fünf verschiedene Trassenführungen und ebensoviele Varianten. Die jetzt vom Bauressort favourisierte Lösung orientiert sich an dem Plan, den die Gewoba bereits im letzten Sommer zur Lösung der Hemelinger Verkehrsprobleme vorgelegt hatte. Zwischen Sebaldsbrücker Heerstraße und Autobahnzubringer Hemelingen (A1) wird eine zweispurige Verbindung gegraben. Statt aber, wie die Gewoba vorgeschlagen hat, zwei Tunnelröhren zu bauen, will die Bausenatorin nur eine Röhre für beide Fahrtrichtungen. Mit 12,75 Meter Außendurchmesser liegt, so das Gutachten, dieser Tunnel „an der Grenze bisher ausgeführter Bauwerke“. Die Gesamtlänge des Tunnels wird etwa 500 Meter betragen, der Rest der knapp einen Kilometer langen Querverbindung fungiert als Rampe.

Die Anschlußstelle des Tunnels an die Sebaldsbrücker Heerstraße liegt beim Sebaldscenter und dem ehemaligen Molan-Gelände. Molan hat hier über Jahre Schaumstoff hergestellt, der Boden ist wahrscheinlich hochgradig schadstoffbelastet. „Schadstoffausträge in Boden und Grundwasser sind zu erwarten“, warnen die Gutachter. Das Sebaldscenter wird zum Bau des Tunnels kurzerhand abgerissen. Macht aber nichts, meinen die Gutachter: „Der Abriß der Gebäude ist ein massiver Eingriff, zerstört jedoch keine städtebaulich wertvollen Objekte.“ Die westliche Anbindung an den Autobahnzubringer soll über einen Verteilerknoten in Höhe der Straße An der Grenzpappel hergestellt werden. Insgesamt sei der Tunnelbau ökologisch unbedenklich, weil das Verfahren im Schildvortrieb Ökosystem und Vegetation kaum beeinflusse. Allerdings rechnen die Gutachter während des Schildvortriebs mit Erschütterungen weit über 60 Meter in der Umgebung der Trasse, die auch zu Absenkungen einzelner Gebäude führen können. Bauliches Problem bei der westlichen Anbindung an en Autobahnzubringer: Die Überdeckung des Tunnels ist an dieser Stelle nur 5 Meter dick, was für die Bauwerke oben drüber nicht ganz ungefährlich ist.

Für die „abgespeckte Gewoba-Lösung“ (Lüthge) hat sich das Bauressort vor allem aus Kostengründen entschieden. Für zwei Röhren liegen die geplanten Kosten bei 440 Millionen Mark, die einfache Lösung mit zwei Fahrspuren und einer Notspur in der Mitte kostet 70 Millionen weniger. Bezahlt werden soll das Projekt aus dem Sonder-Investitionsprogramm. Von den Entlastungsdaten kann es die abgespeckte Version mit der großen Lösung aufnehmen: „Geringfügig niedrigere Entlastungseffekte“, haben die Gutachter berechnet. Sie gehen davon aus, das durch den Tunnel etwa 800 Autos je Fahrtrichtung pro Stunde passieren. Außerdem hat die einfache Tunnelvariante die niedrigsten Lärmwerte von allen Alternativen.

Den späten Baubeginn erklärt Staatsrat Lüthge mit den umfangreichen Planungsrechtlichen Vorbereitungen. Ein Flächennutzungsplan muß geändert werden, Untersuchungsaufträge für die Umweltverträglichkeitsstudie und die anschließende Umweltverträglichkeitsprüfung vergeben werden. Erst dann kann das Planfeststellungsverfahren eingeleitet werden. Rückenwind erhält das Bauressort bereits jetzt vom Umweltsenator: „Wir halten das für eine sehr prüfenswerte Alternative zu den bisherigen Überlegungen“, erklärte dessen Referent Edo Lübbing. Im Wirtschaftsressort sind nach Bekanntwerden des Gutachtens „zahlreiche Fragen aufgeworfen worden“, erklärte der Referent von Wirtschaftssenator Jäger, Dirk Petrat. Eine Stellungnahme wird Mitte nächster Woche an die Baubehörde gehen. Markus Daschner