Vermögen bevorzugt

■ Sparkasse will Beratungssystem optimieren

85 Geschäftsstellen und sechs Filialen hat die Sparkasse in Bremen. Die Präsenz in der Stadt hat dem Unternehmen den Ruf einer „Bank des kleinen Mannes“ eingebracht: etwa 1,5 Millionen Konten führt die Bank, 60 Prozent der Bremer haben dort ihr Giro-Konto. Jetzt macht die dichte Präsenz dem Unternehmen Probleme.

Das Geschäftsstellennetz verliert an Rentabilität, die neuen Telekommunikationstechniken neutralisieren den Standortvorteil im Stadtteil: Bis zum Jahr 2000 sollen 30 Prozent der Kunden bereits Telefonbanking nutzen. Und die Konkurrenz unter den „Finanzdienstleistungs-Unternehmen“ wird größer. Die Rechnung im Versandhaus wird nicht mehr über die Bank, sondern direkt mit dem Versandhaus abgerechnet, die Bedeutung mittelständischer Unternehmen als klassische Sparkassenkunden nimmt ab.

Gründe genug also für eine strukturelle Neuordnung Bremer Sparkassen, die gestern die beiden Vorstandsmitglieder Friedrich Rebers und Ulrich Nölle vorstellten. „Wir können nicht mehr jede Dienstleistung in jeder Geschäftsstelle anbieten“, erklärte Rebers. Folge: Die Sparkasse teilt ihre Kunden in drei Segmente ein. In der „Sparkasse 2000“ gibt es Standard-Kunden, individuelle Kunden und Firmen-Kunden. Für alle drei Gruppen wird ein spezifisches Beratungssystem zugeschnitten — für den Standard- Kunden mehr kostengünstige Selbstbediener-Automaten, für den vermögenden Privatkunden oder Firmen mehr Beratung durch qualifiziertes Personal.

Das wird auch architektonische Konsequenzen nach sich ziehen. Der Geldverkehr per Automat soll sich demnächst in einer Art Foyer abspielen. Bis Ende '93 sollen bereits 63 Geldautomaten installiert sein, etwa ein Drittel der Scheckkarten- Besitzer (100.000) nutzt heute schon die Bankautomaten. Ausgiebige und qualifizierte Finanzberatungen sollen nur noch an ausgesuchten Standorten konzentriert werden.

Die Dienstleistungen, die eine Geschäftsstelle künftig anbieten soll, wird sich nach regionalen Erfordernissen richten. In Tenever, wo die Sparkasse nach Angaben Rebers überwiegend mit dem Zahlungsgeschäft „knapp schwarze Zahlen“ schreibt, wird danach kein Wertpapierfachmann sitzen. „Wir können nicht alle Kunden gleich behandeln ohne Rücksicht auf ihre Potentiale und die ihnen zuzurechnenden Erträge“, erklärte der Vorständler. Gleichzeitig kündigte er aber auch an, daß die reine Selbstbediener-Filiale die Ausnahme bleiben wird: „Schließlich erfüllen wir gerade bei älteren Kunden auch kommunikative Funktionen.“ Markus Daschner