Grüne Partei: Weder alternativ noch frauenfeindlich

Das Vorstandsmitglied der Grünen in der DDR, Friedrich Heimann (37), zum Knatsch mit dem Unabhängigen Frauenverband  ■ I N T E R V I E W

taz: Warum hat die Partei mit dem alternativen Politikanspruch sich geweigert, dem verbündeten Frauenverband drei von acht Volkskammermandaten abzutreten?

Friedrich Heimann: Die Frage ist falsch gestellt. Es liegt nicht an uns, nach der Wahl Mandate zu verteilen. Gemäß Wahlverfahren hatten wir Kandidaten auf den Bezirkslisten in eindeutiger Reihenfolge aufzustellen. Die Listen waren nur im Todesfalle änderbar. Nach der Wahl hat die Wahlkommission die Mandate entsprechend den Stimmanteilen verteilt. Das ist Wahlgesetz.

Bist Du Bürovorsteher oder Grünen-Politiker? Die Grünen hätten doch bei der Wahlkommission protestieren oder sich das Anliegen der Frauen zu eigen machen können.

Mit Protesten gegen Gesetze kann man sich auch lächerlich machen. Und es widerspricht freien Wahlen, als Partei nachträglich mit Mandaten zu jonglieren. Sofort, nachdem das Dilemma klar war, haben wir gesagt, wir fragen unsere Abgeordneten, ob sie zurücktreten. Das haben wir in aller Ehrlichkeit gemacht...

...und da war in aller Ehrlichkeit jedem Abgeordneten der Parlamentssessel lieber als das frühere Wahlbündnis mit den Frauen?

Also, wenn man es auf einen derart billigen Punkt bringen will - ja.

Dem Wahlbündnis 90 haben sich die Grünen aus parteiegoistischen Motiven verweigert, jetzt meiert Ihr die Frauen ab. Bei Abzug einer gewissen Unerfahrenheit möchte man meinen, Ihr seid eine stinkbürgerliche Kleinstpartei mit gewissem Hang zum Größenwahn. Stand „grün“ nicht auch mal für „alternative“ Politik?

Wir wollten im Bündnis 90 das Wort „grün“ erwähnt wissen und haben nie vordergründig auf einer grünen Liste bestanden. Aber daran ist das Bündnis auch nicht zerbrochen. Als alternativ im Sinne der Westberliner AL oder der Hamburger GAL haben wir uns nicht verstanden. Wir sind ökologisch und basisdemokratisch...

...und kickt die Frauen raus.

Das ist doch nicht wahr. Wenn doch noch einer zurücktritt, kommen natürlich die Frauen rein. Die haben uns ja auch die weitere Zusammenarbeit angeboten. Die Meinungsverschiedenheit besteht allein darin, daß wir darauf bestehen, daß die Wahl so gelaufen ist, wie sie gelaufen ist. Der Behindertenverband, der auch einen Listenplatz bei uns hatte, klagt ihren auch nicht ein.

Werden die Grünen die Entscheidung politisch durchhalten?

Ich glaube schon. Die Fraktion hat sich gebildet, und die Zusammenarbeit mit den Frauen war heute zumindest gut. Wir werden nach diesem Bruch wieder zu einer besseren Kooperation kommen. Wir sind in der Sache nicht frauenfeindlich.

Gut, daß Du das noch mal betont hast.

Das Lehrstück ist hart genug. Ich hab‘ die Verhandlungen geführt und Schimpfe eingesteckt. Aber den politischen Schaden, der durch den Vorwurf der Wahlmanipulation entstünde, könnte ich nicht aushalten.

Petra Bornhöft