And I said no, no, no

Amy Winehouse – das war noch einmal ein Popstar der alten Schule. Die zeitgleiche (denn alt und neu sind hier nicht notwendig Begriffe einer Chronologie) moderne Version des weiblichen Popstars, das sind Kunstfiguren à la Lady Gaga, Figuren, denen man die Künstlichkeit ansehen kann und soll, Identitätsentwurfsmaschinen, die ein Konzept vorsätzlich verwirklichen und denen ebendeshalb immer etwas Kaltes anhaftet. Amy Winehouse hingegen – da ging es immer um Authentizität: „Blake“ und ihr realer Liebeskummer oder „Rehab“ und ihr wirkliches Drogenproblem („They tried to make me go to rehab. I said „no, no, no“). Das Authentische mag auch künstlich sein, nichts als ein anderes Image, aber der Kern ihrer Authentizität, der ließ sich nicht inszenieren: nicht das leichte Verrutschtsein ihrer Kleidchen, das keine sexy gewollt-ungewollte Entblößung war, sondern einfach unordentlich; nicht das ungelenke Stolpern in den Highheels, nicht der nachlässige Griff nach der Flasche auf offener Bühne, in dem schon die ganze Tragödie antizipiert war. Der Kern ihrer Authentizität – das war die Entrücktheit der Drogensüchtigen. Eine Entrücktheit, die zeigte: Man kann ihrer nie habhaft werden. Das erzeugt die Aura jenes „sekundären Narzissmus“, der suggeriert: Dieses Wesen genügt sich selbst. Wir alle sind fasziniert von jenen, die uns nicht zu brauchen scheinen. Man unterstellt dem süchtigen Star ein Höchstmaß an Autonomie, das sich irgendwann nicht mehr vom Kontrollverlust unterscheiden lässt. Man verkennt also gerade die Hilflosigkeit als absolute Eigenständigkeit. Das Publikum kippt dabei von der Faszination in die Emotion: Am Ende meint man, dieses ferne Wesen richtig zu mögen.

ISOLDE CHARIM