Von Halbstarken und Mehrfachtätern

Für ein schärferes Jugendstrafrecht gibt es längst einen Entwurf. Äußerst fraglich, ob es wirken würde

FREIBURG taz ■ Schon seit Jahren fordern Unionspolitiker eine Verschärfung des Jugendstrafrechts. Bei Heranwachsenden, den 18- bis 21-Jährigen, soll in der Regel Erwachsenenstrafrecht angewandt werden, die Höchststrafe für Jugenddelikte soll von 10 auf 15 Jahre erhöht werden. Neben einer Bewährungsstrafe soll auch ein „Warnschussarrest“ von bis zu vier Wochen verhängt werden können, damit dem jugendlichen Täter der Ernst der Lage vor Augen geführt wird. Enthalten sind die Forderungen zum Beispiel in einem Gesetzentwurf des Bundesrats von 2006.

Doch die Vorschläge hatten bisher keine Chance auf Verwirklichung. Auch nach Ende der rot-grünen Regierungszeit blockt Justizministerin Brigitte Zypries (SPD) ein härteres Vorgehen gegen straffällige Jugendliche und Heranwachsende ab. Auch die Tat von Serkan A. (20) und Spiridon L. (17) spricht nicht für eine Änderung der Gesetze. Bei Serkan A. kann das Gericht schon heute Erwachsenenstrafrecht verhängen, wenn es ihn für eine reife Persönlichkeit hält – wofür aber wenig spricht. Bei Mordversuch wäre dann sogar eine lebenslängliche Haftstrafe möglich. Auch nach dem Vorschlag der CDU/CSU sollen Reifedefizite zur Anwendung des Jugendstrafrechts führen.

Eher hilflos wirkt auch der Vorschlag, die maximalen Jugendstrafe zu erhöhen. Wen die Aussicht auf zehn Jahre Haft nicht abschreckt, wird auf angedrohte 15 Jahre Haft kaum anders reagieren.

Auch ein frühzeitiger Warnschussarrest hätte Serkan A., der schon oft polizeilich auffiel, nicht auf die rechtschaffene Bahn geführt. Zwar wurde gegen ihn 2005 nach einem Raub tatsächlich nur eine Bewährungsstrafe verhängt, zuvor saß er aber immerhin sechs Monate in Untersuchungshaft, was ihn offensichtlich nicht beeindruckt hat. Serkan A. zeigt also eher die Wirkungslosigkeit von Haftaufenthalten.

Bleibt die Forderung, die beiden U-Bahn-Schläger auszuweisen. Hierfür ist keine Gesetzesänderung erforderlich. EU-Bürger wie der Grieche Spiridon L. können nach schweren Straftaten ausgewiesen werden, wenn von ihnen in Zukunft weitere Gefahr droht. Türken wie Serkan A. sind seit 1980 den EU-Bürgern im Wesentlichen gleichgestellt. Anwälte kritisieren die Ausweisung von hier aufgewachsenen Ausländern als „Doppelbestrafung“ und als „Verbannung in ein fremdes Land“. Serkan A. könnte allerdings zugute kommen, dass er mit seiner Freundin ein drei Monate altes Kind hat.

CHRISTIAN RATH