Peter Grohmann
: Nix zu beißen

Jahres-Endzeit: Bilanz ziehen oder Bilanz fälschen? Was gibt es Schöneres in diesen Tagen! Die Aufmerksamkeit lässt stark nach, die Stimmung ist noch leicht benebelt – da kann man gern mal fünfe gerade sein lassen. Bilanzmäßig gesehen, hat der Betrug an Geldautomaten vor den Banken nachgelassen, so ein Bankenverband. Zum Betrug in den Banken will man verständlicherweise nichts sagen – Bankgeheimnis.

Außen konnten die Gauner durch Spähangriffe auf Automaten satte 27 Millionen Euro erwirtschaften – aber dennoch Peanuts, wie Fachkreise wissen. Die Gaunereien innen werden auf das Dreißigtausendfache geschätzt. Innen wie außen ist freilich Arbeitsteilung angesagt: Die Bankenaufsicht steht Schmiere, eine zweite Gruppe greift die Daten ab, die dritte stellt Kartendubletten her, und die vierte Gruppe plündert die Konten. Werte sind halt nirgends mehr sicher.

Meine Oma Glimbzsch aus Zittau hat dreimal ihr Geld verloren und daraufhin alles in die Zähne gesteckt. Bis der Russe kam, der hat ihr das goldene Gebiss abgenommen. Das war nicht weiter schlimm, der Russe hatte ja selbst nichts zu beißen. Das bringt mich auf den Rotchinesen: Der hat Geld wie Heu, aber kein Heu – das muss er dem Afrikaner abkaufen. Genauer gesagt: das Korn. Um wirklich so unabhängig zu sein wie eine Bank, kauft der Chinese natürlich nicht mehr wie früher das Korn, sondern gleich den ganzen Acker, lässt von den Einheimischen eine Straße zum Hafen bauen (Arbeitsplätze!) und verschifft die komplette Ernte nach China. Jetzt hat der Afrikaner die Kohle, aber kein Korn, also Hunger. Will er sich sein eigenes Süppchen kochen, muss er tiefgefrorene Hähnchenabfälle aus dem christlichen Abendland kaufen, weil die eignen Hühner kein Futter mehr haben.

Yanz Hon, die staatliche chinesische Coal Mining, hat soeben für 2,2 Milliarden Dollar eine Handvoll Kohlebergwerke in Australien gekauft. Der Australier hat nun endlich wieder Arbeit, aber keine eigene Kohle mehr. Die braucht der Rotchinese – und sei es, um dem Kapitalisten aus der Klemme zu helfen wie der Geerkens dem Wulff. So entstehen Weltkrisen – und werden bewältigt. Was dem einen der Zinserlass, ist dem anderen der Schuldenerlass. Ohne Schuldenerlass droht der Staatsbankrott. Da ist alles hin, auch unserer Oma ihr klein Häuschen. Das kriegt dann ihre Bank.

Um die Kunden am Profit zu beteiligen, kann man bei Omas Bank auf den Hunger wetten – also darauf, dass etwa die Ernte in Nigeria ausfällt, weil dem Esso seine Pipeline geplatzt ist und die Felder versaut, oder dass es in Indien eine Bevölkerungsexplosion gibt, größer als jedes Silvesterfeuerwerk. Oder andersrum, dass die Ernte in Kanada gut wird, dann schmeißt man das Getreide ins Meer, um die Preise nicht kaputtzumachen.

Das ist logisch. Der Trost: Einer gewinnt immer. Oma ist nie dabei, egal, wie sie wettet. Und der Gewinner gibt nix ab. Außer falschen Empfehlungen.

Peter Grohmann ist Kabarettist und Gründer des Vereins Die Anstifter.