Snowden-Vertraute: EU gefährdet Whistleblower

ENTHÜLLER Sarah Harrison kritisiert im taz-Interview: Die geplante EU-Richtlinie zu Betriebsgeheimnissen werde es noch schwerer machen, die Öffentlichkeit über Missstände zu informieren

BERLIN taz | Die Wikileaks-Aktivistin und Snowden-Vertraute Sarah Harrison warnt vor einer Verschärfung der Situation für Whistleblower in Europa. „Bei den Plänen der EU werden die Interessen von großen, multinationalen Unternehmen über die Interessen der Öffentlichkeit gestellt“, kritisiert Harrison im taz-Interview eine geplante EU-Richtlinie. Die Definition dessen, was unter das Betriebsgeheimnis falle, sei darin extrem vage und dazu geeignet, Whistleblower zu kriminalisieren.

Mit der Richtlinie will die EU es nationalen Gerichten erleichtern, gegen das Entwenden von Betriebsgeheimnissen vorzugehen, und es Unternehmen einfacher machen, Schadensersatz zu erhalten. So teilte es der Rat der Europäischen Union im vergangenen Jahr mit. Der Rechtsausschuss des EU-Parlaments entscheidet im Mai über den Vorschlag der EU-Kommission.

Derzeit sind Menschen, die in öffentlichem Interesse Informationen enthüllen, in Deutschland kaum geschützt – etwa im Arbeitsrecht. Bekannt wurde der Fall der Altenpflegerin Brigitte Heinisch, die auf systematische Mängel in der Pflege beim Konzern Vivantes hinwies. Sie bekam nach mehreren verlorenen Instanzen 2011 erst vor dem Europäischen Gerichtshof recht. In einem wegweisenden Urteil stellte das Gericht fest, dass das öffentliche Interesse an Informationen über Mängel das Interesse eines Unternehmens am Schutz seines Rufes und seiner Geschäftsinteressen überwiegt. SVE

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