Ohr abgerissen

Demo: Strafantrag gegen Polizisten wegen Einsatzes von Tonfa-Schlagstock und eines Faustschlags ins Gesicht

HAMBURG taz ■ Wegen polizeilicher Übergriffe im Verlauf der Demonstration gegen staatliche Repression durch den „Terrorparagrafen“ 129a am vorigen Samstag in Hamburg hat der Hamburger Anwalt Marc Meyer in zwei Fällen gegen eingesetzte Berliner Polizisten Strafantrag wegen versuchten Totschlags in und Körperverletzung im Amt gestellt.

In einem Fall ist einem 36-jährigen Demonstranten aus Hannover durch einem Beamten einer Berliner Beweissicherungs- und Festnahmeeinheit (BFE) das halbe Ohr durch einen gezielten Schlag mit dem Kampfstock Tonfa abgerissen worden. In einem anderen Fall versetzte ein Berliner Polizist einer 30-Jährigen einen gezielten Faustschlag ins Gesicht, so dass noch immer der Verdacht auf Nasenbeinbruch besteht.

Der 36-Jährige hatte sich am Rande der Demonstration befunden, als plötzlich Beamte der Berliner BFE in „lockerer Formation“ auf ihn zugekommen seien. Plötzlich habe ein Beamter zu einem Schlag auf seinen Kopf ausgeholt, berichtete der Demonstrant. Er habe sich noch reflexartig wegdrehen können, so dass der Schlag auf sein linkes Ohr getroffen sei. Dabei sei das halbe Ohr oberhalb des oberen Ohrgangs abgetrennt worden. Dieses sei nur noch an zwei Millimetern körpereigener Substanz hängen geblieben. Danach seien die Polizisten einfach weitergegangen.

Das Ohr ist am Abend in einer Klinik mit 50 Nadelstichen wieder angenäht worden. „Wer mit einem Tonfa gegen den Kopf schlägt, nimmt zumindest eine Tötung billigend in Kauf“, begründet Anwalt Marc Meyer den Totschlagsvorwurf. In den Vorschriften zur Benutzung des berüchtigten Kampfstocks ist der Einsatz gegen den Kopf ausdrücklich untersagt und nur in lebensbedrohlichen Situationen zur Notwehr gestattet. Ob das Ohr wieder anwächst, ist noch unklar. Meyer vertritt auch eine 30-jährige Frau, die ebenfalls die Schlagkraft von Berliner Polizisten zu spüren bekommen hatte.KAI VON APPEN