LESERINNENBRIEFE
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Zulassung nicht verlängern

■ betr.: „Wir gehören nicht immer zu den Bösen“, taz vom 28. 3. 15

Die Vorwürfe, dass die Chemikalie Glyphosat nicht so unbedenklich ist, wie immer beteuert wird, sind ja so neu nicht; daher müssen die neuen Erkenntnisse der Internationalen Agentur für Krebsforschung (IACR) ernst genommen werden. Zumal Glyphosat in Deutschland in 92 Pestizidmitteln enthalten ist und die Bevölkerung dem Gift also schwerlich entkommen kann, da es auch für den Wein- und Obstanbau zugelassen ist. Entsprechend hoch fiel der Prozentsatz von Urinproben aus, in denen Glyphosat nachgewiesen werden konnte. Außerdem führt der Einsatz von Glyphosat zu dramatischem Artensterben. Die Einschätzung des Bundesinstituts für Risikobewertung (BfR), dass der Wirkstoff ungefährlich für Menschen und Tiere sei, beruht auf Studien, die von den Herstellern in Auftrag gegeben wurden; ihre Aussagekraft darf daher angezweifelt werden. Vielmehr dürfte es sich bei diesen Studien ähnlich verhalten wie bei Medikamentenstudien, wo unliebsame Ergebnisse nicht veröffentlicht werden. Nur unabhängige Studien, von denen alle Daten dokumentiert werden, dürften daher zu Bewertungen herangezogen werden. Im Übrigen hat der Staat den BürgerInnen gegenüber eine Fürsorgepflicht, sodass die Zulassung von Glyphosat nicht verlängert werden darf. HELGA SCHNEIDER-LUDORFF, Oberursel

Philosophen in die Regierung

■ betr.: „Wir gehören nicht immer zu den Bösen“, taz vom 28. 3. 15

Andreas Hensel hat natürlich recht, wenn er sagt, dass das Bundesinstitut für Risikobewertung keine NGOs mitwirken lassen kann. Das würde die wissenschaftliche Unabhängigkeit aushebeln. Doch was in Deutschland/Europa zunehmend nicht wahrgenommen zu werden scheint, ist die fachübergreifende, generalistische Bewertung durch die Politik. Die Politiker selbst lassen sich durch Lobbyisten beraten. Danach entsteht dann die gesellschaftliche Unausgewogenheit und Schieflage. Die Frage: Dienen die beschlossenen Gesetze ausschließlich dem Wohle des Deutschen Volkes, hier besonders Artikel 20 a GG, muss gestellt werden. Juristen orientieren sich doch eher an bestehenden Gesetzen.

Schön wäre es, wenn mehr Philosophen an der Regierung beteiligt wären. Vielleicht würden dann Moral und Ethik und gesellschaftliche Verantwortung mit einbezogen werden. NORBERT VOSS, Berlin

Weiter recherchieren

■ betr.: „Hinab in die Hölle“ von Riccardo Valsecchi, taz vom 21. 3. 15

Endlich ein detaillierter Artikel über die italienische Gemeinde in Berlin. Die Fakten waren schon seit November 2014 bekannt, aber darüber herrschte die Schweigepflicht (omertà). Der Autor sollte den Artikel fortsetzen und darüber recherchieren, aus welchem Grund die italienischen Behörden bislang darüber geschwiegen haben und warum die lokale Vertretung der regierenden Partei in Italien (PD) genauso keine offizielle Stellungnahme darüber abgegeben hat. Ich möchte nicht glauben, dass diese Partei über die braunen Umtriebe in der deutschen Hauptstadt nicht informiert sei.MAURO GRASSI, Berlin

Zu destruktiv

■ betr.: „EU: Deutschland zu langsam beim Naturschutz“, taz vom 26. 3. 15

Deutschland ist nicht bloß zu langsam beim Naturschutz, sondern gelegentlich auch destruktiv. Da gibt es zum Beispiel in Stuttgart mit Schlossgarten und Rosensteinpark einen der größten zusammenhängenden Bestände von alten Bäumen (nur einheimische Baumarten!) in Baden-Württemberg. Das ist tatsächlich nach den Maßgaben der FFH-Richtlinien als Natura-2000-Gebiet ausgewiesen worden, um „biologische Vielfalt zu bewahren als Naturerbe für künftige Generationen“.

Allerdings muss jetzt ein wichtiger Teil, ein Hang zum Neckar hinunter, geopfert werden für das umstrittene Großprojekt „Stuttgart 21“: anstatt Schutz oder womöglich einer Verbesserung des Lebensraumtyps droht eine Teilabholzung für den Bau von Straßen- und Bautunnel und für Baulogistikflächen. Die vereinbarten Ziele zum Erhalt der biologischen Vielfalt werden also nicht einmal zu einem Minimalwert eingehalten, sogar abgebaut. Anscheinend haben Brandenburg, Hessen und das Saarland die Naturschutzziele zu wenigstens einem Drittel erreicht. In Baden-Württemberg (grün-rote Landesregierung), in der Landeshauptstadt (mit grünem OB) kann man davon nur träumen. MARLIES BEITZ, Stuttgart

Es war zu einfach!

■ betr.: „Das Dilemma mit der Sicherheit“, taz vom 27. 3. 15

Das Versagen vieler europäischer Fluggesellschaften ist offensichtlich und ihre Blindheit grenzt in meinen Augen an Mittäterschaft. Wie wir erfahren haben, gilt die Vorschrift, dass jederzeit zwei Personen im Cockpit sitzen müssen, in den USA schon seit Jahren. Diese Vorschrift ist offenbar so vernünftig und leicht umsetzbar, dass man sie gleich nach den ersten Erkenntnissen übernommen hat. Leider erst nach 150 Toten. Es stimmt zwar, dass es eine letztliche Sicherheit nicht geben kann. Eine Person mit Absturzabsichten kann erst die zweite Person im Cockpit töten und dann ihren Plan durchführen. Aber die Hemmschwelle ist höher und ein Mord aus nächster Nähe ist schwieriger, als eine Tür zu verriegeln und den Sinkflug einzuleiten. Es war zu einfach! SERGIO PARIMBELLI, Berlin