Es rumort in den Autohäusern

Im Hamburger KFZ-Handwerk stellt sich die Gewerkschaft auf einen schweren Arbeitskampf ein. Ihr Ziel ist es, trotz der Konzentrationsprozesse in der Branche die Arbeitsbedingungen der Beschäftigten zu erhalten

Fünf Prozent mehr Lohn und Gehalt fordert die IG Metall für die 20.000 Beschäftigten der Autohäuser und KFZ-Werkstätten in Hamburg und Schleswig-Holstein. „Das ist angesichts der drastisch steigenden Lebenshaltungskosten und der zunehmenden Produktivität eine berechtigte Forderung“, sagt Wolfgang Lorenz, Handwerkssekretär bei der IG Metall Küste. Dennoch stellt sich die Gewerkschaft in dieser Branche auf den schwersten Tarifkonflikt ihrer Geschichte ein. Denn die Hamburger KFZ-Innung, so heißt es, will die Arbeitsbedingungen drastisch verändern.

Dabei erkennt auch die Arbeitnehmerseite an, dass die Branche in einer schwierigen Lage steckt. „Das KFZ-Handwerk ist in einer gravierenden Umbruchphase“, räumt so auch Wolfgang Lorenz ein. Die Vorgaben der Hersteller zwingen die Firmen zu großen Investitionen. Ohne Grund entstünden sie nicht, „die dicken Autohäuser“, sagt Lorenz – „das ist Vorgabe der Hersteller“. Zudem herrsche in der Branche ein heftiger Konzentrationsprozess, viele kleine und mittelständische Firmen würden von großen Unternehmen aufgekauft. „Die Hersteller“, sagt Lorenz, „möchten prächtige Autohäuser und nicht den kleinen Händler an der Ecke.“

Ferner seien auch die Auftragsbücher schlicht nicht mehr prall gefüllt: Wenn bei den Lohnabhängigen vom Aufschwung nichts ankomme, fielen sie eben beim Autokauf immer weniger ins Gewicht, sagt Lorenz: „Wer bei PIN arbeitet, kann sich kein Auto leisten, schon gar keinen Neuwagen.“

Inakzeptabel nennt der Gewerkschafter aber die Strategie der KFZ-Arbeitgeber, Kosteneinsparungen durch Lohnsenkungen zu erzielen. „Das ist der falsche Weg“, sagt Lorenz: „Wettbewerb muss durch Qualität erfolgen.“ Die IG Metall sei durchaus bereit, zur Rettung von Jobs mit angeschlagenen Firmen Haustarife abzuschließen – eine Absenkung des Flächentarifs komme aber nicht in Frage.

Die KFZ-Innung hat zum Jahresende den Manteltarifvertrag gekündigt und möchte die Wochenarbeitszeit um vier auf 40 Wochen-Stunden ohne Lohnausgleich erhöhen. Ferner soll die Sechs-Tage-Woche zur Regelarbeitszeit werden, Überstunden-, Spät- und Nachtzuschläge sollen gestrichen oder auf 25 Prozent reduziert werden. Bei den Zuschlägen würden diese Maßnahmen Einbußen von 3.400 Euro im Jahr bedeuten, ferner eine Absenkung des Stundenlohns von 13,32 auf 11,99 Euro, rechnet Friedhelm Ahrens von der Hamburger IG Metall vor. „Arbeitszeitverlängerung“, sagt er, „wird zu Arbeitsplatzabbau führen müssen.“ Daher rumore es in den Betrieben heftig. „Wir registrieren eine richtige Eintrittswelle“, sagt Ahrens.

„Die Kollegen reagieren wütend“, sagt Rolf Schuldt, Betriebsratschef beim Autohändler Raffay. „Es vergeht kein Tag, an dem mir nicht IG-Metall-Aufnahmeformulare auf den Tisch flattern.“ Entsprechendes berichtet auch Kurt Willer, Betriebsratschef der Daimler-Niederlassung. Die Arbeit verdichte sich immer mehr, so Willer weiter, und da seien viele Kollegen „nicht mehr bereit, Opfer hinzunehmen, wenn die Gewinne im Unternehmen steigen“. MAGDA SCHNEIDER