Tonfiguren ohne Ausreisepapiere

„Ob die Figuren echt sind, werden wir wohl nie erfahren.“ Yolna Grimm, Sprecher des Leipziger Center for Chinese Arts and Culture (CCAC), ist skeptisch. Das CCAC hat die aktuelle Schau mit acht Figuren aus der Terrakotta-Armee des ersten Kaisers von China im Hamburger Museum für Völkerkunde organisiert.

Jetzt steht man stark unter Druck. Immer wieder waren in den letzten Tagen Plagiatsvorwürfe laut geworden. Die DPA schließlich vermeldete gestern, chinesische Behörden hätten die Ausfuhr der Figuren nie genehmigt und wüssten von keiner Hamburger Ausstellung.

In der Tat waren die Figuren, die Anfang 2007 in Leipzig gastierten und im Herbst nach Hamburg gehen sollten, zwischendurch nach China zurückgekehrt. „Wir sind davon ausgegangen, dass wir genauso authentische Figuren bekämen“, sagt Museumssprecher Thorsten Pück. Bei der Anlieferung, die unvermutet am Vorabend des verabredeten Termins erfolgte, sei allerdings keiner der Hamburger Museumsleute dabei gewesen. Das CCAC habe aber versichert, dass chinesische Fachleute vor Ort gewesen seien. In puncto Authentizität habe man sich auf das CCAC verlassen.

Das wiederum zeigt nach China. „Wir haben mit der nationalen Denkmalschutzbehörde und mit der Provinzbehörde kooperiert, die die Ausfuhrgenehmigung jetzt dementiert“, sagt Grimm. Wer die Ausfuhr genehmigt habe, konnte er gestern jedoch nicht sagen. Bezüglich der Echtheit habe man sich auf die Expertise aus China verlassen.

Hier könnte der Knackpunkt liegen. Im Vertrag der CCAC mit China und Hamburg steht laut Grimm bloß, dass „authentische Scherbenfiguren“ zu liefern sind. Andererseits besage der Vertrag nicht, dass in Hamburg dieselben Figuren gezeigt werden müssten wie in Leipzig.

Die Echtheit der Terrakotta-Krieger zu beweisen wird ohnehin schwer. „Wir werden nächste Woche den chinesischen Grabungsleiter nach Hamburg bringen“, sagt Grimm. „Aber auch er wird nicht für die Echtheit bürgen.“ Hierfür müsste man die Figuren mehrfach anbohren. Denn seit deren Fund hat sich durch Restaurierungen immer wieder neuzeitlicher Ton mit dem 2.200 Jahre alten Originalmaterial vermischt. Um Klarheit zu bekommen, müsste man die Figuren also komplett zerlegen. Und das könnte, so Grimm, „ größere diplomatische Verwicklungen erzeugen.“

Das Hamburger Museum für Völkerkunde jedenfalls hat die Ausstellung gestern mit einem Hinweis auf die Plagiatsvorwürfe versehen. Aber selbst wenn sich die als korrekt erweisen sollten: Schließen will man die Schau nicht. PETRA SCHELLEN