„Diese Dichte ist bezeichnend“

FÜHRUNG Gespräche führen, Berichte verfassen und mit anpacken – Alltag einer Leiterin aus Wittlich

Es gibt mehr Plätze, aber nicht genügend qualifiziertes Personal

Seit 36 Jahren leite ich diese Kita. Als ich anfing, kamen die Kinder erst mit vier Jahren zu uns. Sie gingen mittags nach Hause, und einige kamen noch mal von halb zwei bis vier wieder.

Heute sieht das vollkommen anders aus. Wir haben zurzeit 107 Kinder von 0 bis 6 Jahren. Ich skizziere mal meinen gestrigen Arbeitstag: Ich fing um sieben Uhr morgens an und nahm die ersten Kinder in Empfang. Um acht Uhr wurde besprochen, wer am Mittagstisch dabei ist, wer das Schlafen betreut und wer wann in die Pause geht. Um neun Uhr kam eine Mutter zum Aufnahmegespräch. Um halb zehn habe ich mit der Küche den Einkauf abgeklärt. Um zehn haben wir mit den Erzieherinnen besprochen, wer die Exkursion der Kinder ins Theater begleitet. Um Viertel elf musste ich einen Bericht verfassen für die Versicherung. Kinder hatten Steine über den Zaun geworfen und ein Auto getroffen. Um elf habe ich eine Familie durch die Kita geführt.

Zwischen zwölf und zwei bin ich damit beschäftigt, die Erzieherinnen zu unterstützen, um die Mittagszeit abzudecken. Die ist naturgemäß dünn besetzt. Es fehlt an Personal. Um drei haben wir das Gespräch mit dem Bürgermeister der Gemeinde, die unser Träger ist, vorbereitet. Eine Stunde später stand ein Bewerbungsgespräch mit einer zusätzlichen Küchenkraft an. Dazwischen kamen Praktikanten mit Fragen, ein Handwerker, eine Firma mit einem Kostenvoranschlag bezüglich eines Lagerraums und eine externe Spielplatzkontrolle. Um sieben ging es in den Elternausschuss. Um halb zehn hatte ich Feierabend.

Diese Dichte und Schnelligkeit sind bezeichnend geworden für die letzten Jahre. Es gibt mehr Kitaplätze, aber nicht genügend qualifiziertes Personal. Ich habe zurzeit drei offene Stellen und eine Langzeiterkrankung, aber der Markt ist leer. Das aufzufangen ist eine Herausforderung.

Es geht nicht darum, irgendjemanden einzustellen, nach dem Motto „Hauptsache, zwei Hände mehr“. Wenn wir nur betreuen sollen, wäre das etwas anderes. Aber wir verstehen uns als Bildungseinrichtung. PROTOKOLL: ALE

■ Ernie Schaaf-Peitz, 59 Jahre

Leiterin der städtischen Kindertagesstätte Wittlich-Neuerburg Verdienst: 4.036 Euro brutto Berufserfahrung: 39 Jahre