Sohn unter Verdacht

CHILE Der Sohn von Präsidentin Bachelet soll Insiderwissen für Millionendeal genutzt haben

BUENOS AIRES taz | In Chile geht die Justiz gegen den Sohn und die Schwiegertochter von Präsidentin Michelle Bachelet vor. Ermittelt wird gegen Sebastián Dávalos und dessen Ehefrau Natalia Compagnon wegen Vorteils- und Einflussnahme.

Einen Tag nach dem Sieg Michelle Bachelets bei der Stichwahl um das Präsidentenamt im Dezember 2013 die Firma Caval Limitada, die Bachelets Sohn und ihrer Schwiegertochter gehört, einen 10-Millionen-Dollar-Kredit von einer Privatbank. Die Bank selbst gibt an, dass bei der Vergabe alles rechtens zugegangen sei. Eine Tatsache, die unabhängige Bankenprüfer sogar bestätigten.

Von den 10 Millionen Dollar kauften Caval Limitada drei Grundstücke von insgesamt rund 44 Hektar bei Machalí in der Region O’Higgins. Allerdings mit dem mutmaßlichen Insiderwissen, dass das Gelände in wenigen Monaten als Bauland ausgewiesen und somit eine erhebliche Wertsteigerung erfahren würde. Noch bevor die offizielle Ausweisung als Bauland erfolgte, verkauften sie das Brachland für rund 15 Millionen Dollar weiter –ein satter Gewinn.

Anfang Februar 2015 kam die Geschichte durch einen ausführlichen Beitrag in der Zeitschrift Qué pasa an die Öffentlichkeit. Prompt warf die Opposition dem Präsidentensohn Nutzung von Insiderwissen und Vetternwirtschaft vor. Dagegen versuchte die Regierung die Sache zunächst als „Angelegenheit zwischen privaten Geschäftspartnern“ herunterzuspielen. Das misslang gründlich, und das Image der Präsidentin drohte in den Keller abzurutschen.

Als erste Konsequenz musste Sohn Sebastián von seinen Posten als Kulturchef im Präsidialamt abtreten. Anfang März trat dann die Justiz in Aktion. Richter Luis Barría ließ Computer und Unterlagen der Firma und des Ehepaars beschlagnahmen. Am Dienstag wurden drei Schecks über insgesamt knapp 3,5 Millionen Dollar beschlagnahmt. Die regionale Staatsanwaltschaft hat die Herausgabe von Telefon- und E-Mail-Kommunikation von Sebastián Dávalos im Präsidialamt beantragt.

Präsidentin Bachelet erklärte zunächst, sie habe von dem Grundstücksdeal erst aus der Presse erfahren. Vergangene Woche reagierte sie mit der Bildung eines 16-köpfigen Expertenrats, der in spätestens 45 Tagen Vorschläge unterbreiten soll, wie zukünftig Einflussnahme und Korruption unterbunden werden können. JÜRGEN VOGT