Den Falschen erwischt?

Seine Anwältin Barbara Kopp sieht keine Anhaltspunkte für eine Schuld von Max Josef M. Das italienische Militärgericht ignoriere die Aussage einer Entlastungszeugin und missachte rechtsstaatliche Standards

Der in erster Instanz als Kriegsverbrecher verurteilte Bremer Max Josef M. hatte bisher kein faires Verfahren. Diesen Eindruck hat seine Bremer Rechtsanwältin Barbara Kopp. Die italienische Militärjustiz habe zudem in einer Weise argumentiert, in der ein ordentliches Gericht keine Verurteilung begründen könnte: M. habe der Einheit angehört, die das Massaker verübte. Er habe den Rang eines Unteroffiziers bekleidet und damit Befehlsgewalt ausgeübt. Deshalb sei er schuldig. Kopp dagegen sieht keine Anhaltspunkte für eine Schuld.

„Herr M. ist Musiker“, sagt Kopp. Er sei einem Militärmusikkorps beigetreten und nach dessen Auflösung einer anderen Einheit zugeteilt worden. „Dass die diese Musiker nicht gebrauchen konnten und zur Bewachung gefangener Partisanen einsetzten, leuchtet mir ein“, sagt sie.

Am Tag des Massakers von Civitella habe M. auf einem Gutshof Gefangene bewacht, auf dem Wehrmachtsangehörige mehrere Menschen töteten. Die noch lebende Tochter des Gutsherrn entlastete Max Josef M. vor dem Militärtribunal in La Spezia: Der junge Mann habe geweint und gesagt, sein Hauptmann begehe ein Verbrechen an der Zivilbevölkerung. Er habe ihr einen Zettel mit seiner Heimatadresse zugesteckt. Den Zettel übergab sie wenige Tage später an einrückende britische Soldaten.

Der Zettel sei in den Akten, sagt Koop. Sie hält es für absurd, dass ein Kriegsverbrecher seine Adresse hinterlassen sollte. Eine Tatbeteiligung habe ihrem Mandanten nicht nachgewiesen werden können. Die Bewachung und sein Rang auf der untersten Befehlsebene könnten ihm nicht vorgeworfen werden. „Nach deutschem Recht“, sagt Kopp, „müsste man das Verfahren einstellen.“

Das Militärtribunal habe rechtsstaatliche Grundsätze verletzt. M. sei ein hochbetagter, inzwischen in Rente befindlicher Pflichtverteidiger zur Seite gestellt worden. Selbst das Urteil sei ihm nur in italienischer Sprache zugestellt worden.

Sie vermutet, die Verurteilung M.s werde dazu benutzt, Schadenersatzforderungen gegenüber der Bundesrepublik zu begründen. „Das Urteil liest sich wie ein Jackpot“, sagt die Anwältin. Verschiedensten Gebietskörperschaften und Angehörigen sei Geld zugesprochen worden. Sie könne verstehen, dass Menschen dagegen protestieren, dass Kriegsverbrecher unbehelligt bleiben, sagt Kopp. „Ich fürchte nur, dass sie gerade mit Herrn M. den Falschen erwischt haben.“GERNOT KNÖDLER