Schlachter macht nur den halben Metzger

Oswald Metzgers Erbe im Stuttgarter Landtag heißt Eugen Schlachter. Er teilt nicht alle Ansichten seines Vorgängers

BERLIN taz ■ Als die Grünen am letzten Wochenende in Nürnberg über Oswald Metzger und ihre Sozialpolitik stritten, stand Eugen Schlachter im Bad. Er renovierte, gleichzeitig lief die Übertragung des Grünen-Bundesparteitags auf Phoenix, und er schaute ab und zu mal rein. Es war ihm klar, dass das alles mit seiner Zukunft etwas zu tun haben könnte. Aber Schlachter ist Vorstand einer kleinen Raiffeisenbank, da ist es gut, ein ruhiger Typ zu sein. „Ich hab keinen Plan B gemacht“, sagte er.

Seit Metzger am Dienstag verkündet hat, dass er die Grünen verlässt und auch sein Mandat im Stuttgarter Landtag niederlegen will, ist Schlachter im Rennen. Bei der Wahl in Baden-Württemberg 2006 ist der 50-Jährige im Wahlkreis Biberach als Metzgers Ersatzkandidat angetreten, und jetzt wird Schlachter auch nicht kneifen. Metzger, Schlachter – „das nennt man Kontinuität“, heißt es von baden-württembergischen Grünen zu der Personalie.

„Da kann ich nichts dafür, dass ich so heiße“, sagt Schlachter. Auch sonst distanziert er sich von Oswald Metzgers letzten Auftritten: In Interviews erklärte der Finanzpolitiker Hartz IV zu einer Stilllegungsprämie. Viele Sozialhilfeempfänger sähen ihren Lebenssinn darin, sich vor dem Fernseher nur Kohlehydrate und Alkohol reinzustopfen und ließen ihre Kinder verdummen. „Es war ein Blödsinn“, sagt Schlachter dazu. „Diese Verallgemeinerungen würden mir nie einfallen. Mit solchen Dingen hat der Oswald seine Talente wie Perlen vor die Säue geworfen.“

Manche Schlachter-Positionen klingen aber ein bisschen nach Metzger. „Beim Grundeinkommen sind bei mir auch die Sicherungen durchgeknallt. Da wird die Welt neu erfunden“, sagt er. „Ich kann mir keinen Ökoporsche wünschen, wenn ich ihn mir nie kaufen kann.“ Aber, fügt er versöhnlich an, Parteitage seien auch für Visionen da.

Eugen Schlachter hat auch Parteitagserfahrung. 2002 nahm er in Bremen den rot-grünen Koalitionsvertag auseinander: „Bürokratietiger hoch drei.“ Danach ging Joschka Fischer ans Pult und rieb sich am „lieben Eugen“.

Der designierte Landtagsabgeordnete sagt, dass er nicht jeden Tag in der Zeitung stehen muss. Da bezieht er sich natürlich auf Metzger. Aber Schlachter schreibt selbst. In seiner Freizeit ist er freier Mitarbeiter der Schwäbischen Zeitung: Er schreibt über die Landesliga, über den neu gemachten Altar in Maselheim, so was. Wenn er davon erzählt mit seinem oberschwäbischen R, hört sich das erdig an. Trotzdem hat Schlachter auch Ahnung von Inszenierungen. 1996 musste er eine Veranstaltung aufziehen, die Grünen standen im Landtagswahlkampf. Er bekam eine Liste, auf der stand, wann welche Parteipromis Termine freihatten. Am Aschermittwoch waren Kuhn, Schlauch und Fischer verfügbar. Schlachter sagte: „Ich nehm sie alle.“ Die Halle in Biberach war voll, und seither haben die Grünen ihren politischen Aschermittwoch, wo es fast so knallt wie bei der CSU in Passau. Auf einen Redner wird Schlachter 2009 verzichten müssen: Metzger.

Der wird dann wohl irgendwo anders reden. Den Liberalen im Saarland hat Metzger schon mal als Gast für ihren Neujahrsempfang zugesagt. „Die FDP hat keinen Aufnahmestopp. Das gilt selbstverständlich auch für Oswald Metzger“, hat Dirk Niebel, der Generalsekretär der Partei, am Mittwoch leutselig erklärt. Metzger will in den Bundestag, dafür braucht er eine Partei. Er schwankt zwischen CDU und FDP wie ein Profifußballer auf dem Transfermarkt.

Eugen Schlachter sagt: „In die Politik müssten sich mehr Praktiker einmischen.“ Das macht er jetzt. GEORG LÖWISCH