Mann der Balance

Die Leistungen der Natur sollten stärker beachtet und gewürdigt werden: Dieses Lied stimmte am Freitag – dem landesweiten Naturschutztag – Schleswig-Holsteins Umweltministerin Juliane Rumpf (CDU) an. Und sie hat dafür einen neuen Resonanzkörper: Holger Gerth, den Landesbeauftragten für Naturschutz. Der 64-Jährige bringt haufenweise Erfahrung mit: Er arbeitete für die Landwirtschaftskammer oder auch als Dozent für Naturschutz, Umweltschutz und Landespflege.

„Wir müssen viel mehr Werbung für das fantastische Naturpotenzial Schleswig-Holsteins machen“, sagt der gebürtige Hamburger. Und meint damit: Touristen ins Land locken und Geld verdienen. Vorbild dafür ist der Nationalpark Wattenmeer. „Es muss aber trotzdem Schutzgebiete mit Begehungsverbot geben“, schiebt der studierte Agrarwissenschaftler hinterher, „also einen gelenkten Tourismus.“

Das Verhältnis zwischen Wirtschaft und Naturschutz sei in Schleswig-Holstein aus dem Gleichgewicht, sagt er: „Wir haben einen gravierenden Artenrückgang. Das liegt unter anderem an der expandierenden Landwirtschaft.“ Konkreter: Wald- und Moorflächen gehen dadurch verloren, dass zunehmend Energiemais für Biogasanlagen angebaut wird: Landesweit wächst der inzwischen auf 19 Prozent der landwirtschaftlichen Flächen. Gerth berichtet von Untersuchungen, wonach etwa die Schleiereule durch den Anbau aus ihrem Lebensraum verdrängt würde. „Im Mais findet die Eule keine Maus“, sagt der Schafhalter und Imker, „sie braucht Grünlandflächen.“

Da sind Konflikte mit der Biogasbranche unvermeidlich, wie sie schon Gerths Vorgänger auszufechten hatte. Verteufeln will Gerth die Biogasanlagen aber gar nicht: Er hält sie für eine vernünftige Technik. Probleme entstünden durch Monokulturen.

Aber auch hier scheint der Bauernsohn die Balance halten zu wollen: „Ich bin im Gespräch mit denen.“ Als Kompromiss fordert er mehr Nachhaltigkeit, zum Beispiel durch den Anbau von Grünlandpflanzen oder Rüben statt immer nur Mais. JBL