Einfach mal den Journalisten gefragt

ZEUGEN-ENGPASS Im Prozess gegen den Anführer des Rocker-Clubs „Mongols“ in Bremen wurde nun ein Journalist vorgeladen, um den Namen einer Informantin preiszugeben, der ohnehin schon bekannt war

„Die Vorladung ist ungewöhnlich und hat mich erstaunt“

MARIO ASSMANN, JOURNALIST

15 PolizistInnen, so stand es in einem Polizeibericht, seien von Anfang an dabei gewesen, als sich in der Nacht zum 8. Mai in Bremen die verfeindeten Rocker-Clubs „Mongols“ und „Hells Angels“ prügelten. Die Beamten wären klasse Zeugen gewesen im Prozess vor dem Landgericht Bremen (taz berichtete). Doch der Bericht war anscheinend falsch. Stattdessen wurde am Donnerstag Mario Assmann, Journalist des Weser-Kurier geladen. Er sollte den Namen einer Informantin preisgeben.

In einem Artikel hatte er eine Anwohnerin zitiert: Diese habe bei der Schlägerei mit den Hells Angels „drei und damit zahlenmäßig weit unterlegene ‚Mongols‘ gesehen“. Doch „ob das überhaupt so war müssen wir feststellen“, sagte nun der Richter Reinhard Wacker. Denn in dem Prozess wird dem „Mongols“-Anführer Ibrahim M. Landfriedensbruch vorgeworfen. Damit der Vorwurf Bestand hat, müsste laut Gesetz „eine Menschenmenge“ bei der Schlägerei dabei gewesen sein. M. ist Mitglied eines kriminellen Bremer Familienclans und hatten den Motorrad-Club „Mongols“ gegründet. Der hat sich rasch mit den Hells Angels angelegt, nach der Prügelei im Mai hat Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) den Club verboten.

„Die Zahl ‚drei‘ ist genannt worden“, sagte Assmann dem Richter. Den Namen der Zeugin aber wollte er mit Hinweis auf den Quellenschutz nicht sagen. Doch Richter Wacker überraschte: Die Zeugin habe sich bereits vor Gericht offenbart und ihr Name sei daher bekannt. Warum der Journalist trotzdem geladen wurde, sagte er nicht. Nur, dass sich die Zeugin statt an genau drei an „sehr wenige Mongols“ erinnern konnte. Für eine Stellungnahme war beim Landgericht niemand zu erreichen.

„Die Vorladung ist äußerst ungewöhnlich und hat mich erstaunt“, sagte Assmann der taz. Einen Tag nach Erscheinen des Artikels habe ihn das Landeskriminalamt angerufen. Auch da hatte er auf den Informantenschutz hingewiesen. JPB