Der Spieler aus Leidenschaft

Bernward Nüttgens sammelt Gesellschaftsspiele. Mehr als 5.000 hat er bereits. In seinem „Spielezentrum Niedersachsen“ veranstaltet er jeden Mittwochabend Spieleabende. An mehreren Wochenenden im Jahr gibt es Großveranstaltungen – Gauklertreffen zum Beispiel

Spiele überall: sie liegen auf Tischen oder in Regalen. Die großen und kleinen Pappboxen in allerlei Farben füllen ganze Wände. Bernward Nüttgens hat sie fast alle schon mal gespielt. „Deutschland – finden Sie Minden?“ ist derzeit sein Lieblingsspiel. Dabei muss der Spieler auf einer nahezu leeren Landkarte die Lage bekannter Plätze bestimmen. „Hört sich nach trockener Erdkunde an, ist aber sehr witzig“, sagt der 51-Jährige.

Unzählige Stunden seines Lebens saß der Mann schon an den Tischen seines Tagungszentrums „Drübberholz“ im Landkreis Verden. Dort, in Dörverden, hat er Anfang der 1980er Jahre auch das „Spielezentrum Niedersachsen“ gegründet. Den meisten im Kreis Verden dürfte Bernward Nüttgens vor allem wegen seines politischen Engagements gegen das benachbarte Neonazi-Zentrum Heisenhof bekannt sein und weniger wegen seiner Spielebegeisterung.

„Ich habe schon als Kind leidenschaftlich gern gespielt“, erzählt er. Mit seinem Vater Schach, Dame oder Mühle. Später mit Freunden Poker, Risiko oder Monopoly. Mittlerweile besitzt Nüttgens mehr als 5.000 Gesellschaftsspiele. Die hat er in seinem Spielezentrum in mehreren Räumen untergebracht. Jeden Mittwochabend kommen Spielbegeisterte, um dort ihrer Leidenschaft nachzugehen. Und an mehreren Wochenenden im Jahr gibt es Großveranstaltungen, vom Gauklertreffen bis zu Spiele-Meisterschaften.

Nüttgens studierte Betriebswirt, ist auch Spielpädagoge, dabei aber völlig undogmatisch. „Ich halte nichts von Spielen, wo ‚Lernspiel‘ draufsteht“, sagt er. Grundsätzlich könnten Kinder bei jedem Spiel etwas lernen. Und dass es sich am besten lerne, wenn Spaß dabei sei, hätten viele Lehrer ja bereits erkannt.

Ganz sicher für Kinder geeignet und frisch auf dem Spielemarkt ist „Zooloretto“. „Ein schönes Spiel mit Holzfiguren“, sagt Nüttgens. Hier sammelt man als Zoobetreiber Tiere. Wer die meisten hat, hat gewonnen. Wirtschaftliches Gespür stellen die Spieler bei „Cuba“ unter Beweis. Sie bauen Gebäude, die sie zu Geld machen. Das klingt ein bisschen nach Monopoly. Aber dieses Spiel mag Nüttgens gar nicht. Nicht, weil er für die „Neue Ökologische Linke“ im Verdener Kreistag sitzt und solche „Kapitalistenspiele“ ablehnt. Nüttgens findet Monopoly einfach stinklangweilig: „Da ist doch nach fünf Minuten klar, wer gewinnt!“ Wer gute zwei Stunden gute Unterhaltung wolle, solle lieber „Tribun“ spielen und im alten Rom Ruhm und Ehre sammeln.

Alles tolle Geschenke, doch nachdenklich wird Spieleexperte Nüttgens bei den Preisen: „Vor einigen Jahren war es doch undenkbar, dass man 80 D-Mark für ein Spiel ausgibt!“ Heute kosteten Brettspiele zwischen 15 und 40 Euro. Dass es auch preiswert geht, zeigen eine Reihe intelligenter Kartenspiele. Zum Beispiel „Die Werwölfe vom Düsterwald“ – ein Rollenspielklassiker, mit dem man jeden Spielemuffel knacken könne, schwört der Experte. Spielen sei zwar Geschmackssache. Dringend abraten würde Berwnard Nüttgens aber von Klassikern, die jetzt mit einer DVD angeboten würden: „Das ist reine Geldzieherei!“

Wer gute Beratung suche, sollte ins Fachgeschäft gehen, und selbst da hätten die Verkäufer oft keine Ahnung – ganz zu schweigen von Spielwarenabteilungen in großen Kaufhäusern, wo nur „nach Verpackung“ verkauft werde. Eine gute Orientierungshilfe seien die Empfehlungen der Jury zum „Spiel des Jahres“.LUKAS SANDER