„Linnert saugt uns aus!“

Bremens Beamte fordern mehr Geld zum 1. Januar. Die rot-grüne Koalition sträubt sich wegen der Haushaltsnotlage: Das Land müsse Schwerpunkte setzen, alles sei nicht möglich

Von Felix Zimmermann

Stand man gestern Nachmittag auf dem Marktplatz, war man umgeben von Mützen-, Helm- und Funktionsträgern, die nur wegen der aufziehenden Kälte Kopfbedeckung trugen. Polizisten, Feuerwehrleute, Richter und andere Beamte protestierten mit Trillerpfeifen gegen den Senat und für die Erhöhung ihrer Besoldung schon zum 1. Januar um 2,9 Prozent.

Die CDU hatte das Thema auf die Tagesordnung gebracht. Als Finanzsenatorin Karoline Linnert (Grüne) zum Eingang der Bürgerschaft schritt, musste sie ein Transparent der Feuerwehrleute mit der Aufschrift „Linnert saugt uns aus!“ passieren und wurde besonders schrill begrüßt. Aus der Menge rief einer: „Wir kommen jetzt öfter!“, was Linnert mit einem fast einladenden „Okay!“ quittierte.

Dann war sie im Gebäude, dort herrschte einigermaßen Ruhe, wenngleich der Protest auf dem Marktplatz auch drinnen eine Rolle spielte: Auf den Besucherrängen saß eine Abordnung der Polizeigewerkschaft, und im Plenum verzichtete keiner der Redner auf das Bekenntnis, „das Wohl der Beamtinnen und Beamten“ und deren „Würde“ im Auge zu haben oder ihnen „Wertschätzung“ zeigen zu wollen. Auch nicht die CDU, die sich zuvor noch vehement gegen einen Mindestlohn für private Briefzusteller gesträubt hatte. Die Bürgerschaft sei nicht der Ort, darüber abzustimmen, sagte Harry Nestler (CDU).

Sein Parteikollege Wilhelm Hinners urteilte, die Beamtenbesoldung erst zum 1. Oktober 2008 um 1,9 Prozent und ein Jahr später um ein weiteres Prozent zu erhöhen, sei „unredlich“. Bremen liege nur noch vorne, wenn es darum gehe, in welchem Bundesland Beamte, Richter und Staatsanwälte „am dollsten gequält werden“.

Für die SPD entgegnete Birgit Busch, das Land stehe wegen der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht um Hilfe aus der Haushaltsnotlage unter genauer Beobachtung des Bundes und der Länder, was die Ausgaben angehe. Sie warnte davor, die Schwerpunkte einer stärkeren Förderung von Jugend, Kindern und Bildung in Frage zu stellen.

Dass die Geschlossenheit der SPD bei der aufgeschobenen Erhöhung der Beamtenbesoldung für einige Fraktionsmitglieder einen argen Zwiespalt bedeutet, sah man an der Abgeordneten Helga Ziegert an, die zugleich Bremer DGB-Vorsitzende ist: Auf der Kundgebung auf dem Marktplatz hatte sie gerufen, Bürgermeister Böhrnsen sei „unglaubwürdig“, wenn er die „berechtigten Forderungen der Beamtinnen und Beamten nicht anerkennt“. Dann ging sie zurück in die Bürgerschaft, folgte der Debatte und stimmte an deren Ende mit der Koalition für eine Überweisung des CDU-Antrags in den Haushalts- und Finanzausschuss. Das heißt: Die Forderung der Demonstranten nach der Lohnerhöhung zum 1. Januar wird es nicht geben. Stattdessen soll in der Beratung für den Doppelhaushalt 2008/09 nach einer Lösung gesucht werden.

Und die lautet entweder so, wie es die Koalition geplant hat – also die Stufenlösung zum 1. Oktober 2008 und 2009 – oder es werde, wie es SPD-Fraktionschef Carsten Sieling sagte, Veränderungen im Sinne der Demonstranten geben.