Vor hochbrisanter Aussage

ITALIEN Vatikan gibt Erzbischof Mennini Genehmigung. Er war der letzte Beichtvater des anno 1987 von den Roten Brigaden ermordeten Aldo Moro

ROM taz | Papst Franziskus will bei der Aufklärung des Mordes an dem früheren italienischen Ministerpräsidenten Aldo Moro Hilfestellung leisten. Laut einem Zeitungsbericht erteilte Franziskus dem päpstlichen Nuntius in London, Antonio Mennini, persönlich die Genehmigung, am Montag in Rom vor dem parlamentarischen Untersuchungsausschuss auszusagen.

Der Mord an Moro 1978 erschütterte Italien. Nach den Wahlen von 1976 wurde Moro zum Architekten eines Bündnisses zwischen den Christdemokraten DC und den Kommunisten der PCI. Am 16. März 1978 sollte es so weit sein. Doch an jenem Morgen schlugen die Brigate Rosse (BR) zu, ermordeten die fünf Leibwächter Moros und verschleppten den DC-Führer. Am 9. Mai schließlich wurde seine Leiche im Zentrum Roms gefunden. Sicher ist: Die USA waren an einer Befreiung Moros nicht interessiert; sicher ist ebenso, dass Italiens damalige Polizei- und Geheimdienstspitzen komplett von der ultraatlantischen Geheimloge P2 kontrolliert wurden.

An der Seite der Familie Moros stand dagegen der Vatikan; Papst Paul VI. war ein enger Freund des Entführten, er bemühte sich verzweifelt um dessen Freilassung. Hier kommt Antonio Mennini ins Spiel, seinerzeit Hilfspfarrer in der von Moro besuchten Pfarrei in Rom. Der seinerzeitige Innenminister Francesco Cossiga erklärte kurz vor seinem Tod im Jahr 2010, Mennini habe für den Vatikan mit den BR-Terroristen verhandelt. Mehr noch: Der junge Pfarrer habe Moro gar in seinem Versteck aufgesucht, ihm die Beichte abgenommen und die letzte Ölung erteilt. Mennini selbst hat seit 1978 kein Wort über seine Rolle verloren. Dieses Schweigen dürfte mit dem Auftritt vor dem Untersuchungsausschuss ein Ende finden.

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