SPORTPLATZ
: Bitteres Aus trotz Kampf

Trotz inspirierender Heimspiel-leistung am Freitag im alten Wellblechpalast mussten die Eisbären Berlin am Sonntag eine enttäuschende Niederlage in Nürnberg einstecken – damit sind sie im Viertelfinale nicht dabei

Die Kommentatoren von Servus TV – der österreichische Sender übertrug am Sonntag das Spiel live – waren sich einig: Die Eisbären Berlin haben sich gegen Nürnberg tapfer geschlagen, aber zu viele Chancen verspielt. Mit einem 3:2 – der entscheidende Treffer fiel in der Overtime gegen 17.40 Uhr – verpassten die Eisbären den Einzug ins Viertelfinale der Play-off-Serie. Die Nürnberger sind weiter.

Dabei hatte das Wochenende so verheißungsvoll für die Berliner begonnen, auch wenn die Eisbären dieses Szenario unbedingt vermeiden: ein Heimspiel im Wellblechpalast. Die Spielstätte in Hohenschönhausen ist bei Weitem nicht so glamourös wie die Mehrzweckhalle am Ostbahnhof, wo der deutsche Eishockey-Rekordmeister normalerweise seine Heimspiele austrägt – vor bestenfalls 14.200 Zuschauern. Am Freitagabend fand aber eine Motorcross-Show in dem Eventpalast statt, die Eisbären mussten ausweichen.

Die Fans nehmen es sportlich. Mittels eines Spruchbanners formuliert vor dem Anpfiff einer der offiziell 4.695 Zuschauer sehr treffend: „Am besten 9:1“. Man darf ja träumen. Im ersten Spiel haben die Eisbären beim 2:6 in Nürnberg ziemlich desaströs abgeschnitten. Und nun also auch das zweite Auswärtsspiel gestern mit 3:2 nach Verlängerung (2:2) verloren trotz der inspirierenden Heimleistung am Freitagabend, von der sich viele eine Initialzündung erhofft hatten. Da ging’s 6:3 aus, der Wellblechpalast bebte. Nicht nur förmlich. Elf Minuten vor Ende, es steht 5:1, beginnen die Leute zu hüpfen, die Tribünen vibrieren. Eisbären-Fan Guido, 33, sagt: „Die O2 World ist vom Catering und dem ganzen Drumherum mit den Arenen der amerikanischen Liga vergleichbar. Aber im Welli habe ich meine erste Meisterschaft als Jugendlicher erlebt, da werden Erinnerungen wach. Es ist einfach lauter.“ Eine Atmosphäre wie in den viel beschworenen guten alten Zeiten. Stimmgewaltig, eng, emotional.

Becher auf den Schiri

Manchmal zu emotional. 40 Sekunden vor Ende des zweiten Drittels fliegt dem Schiedsrichter ein voller Getränkebecher aus dem Stehplatzbereich entgegen. Folglich geht’s 40 Sekunden früher in die Kabinen. Der Stadionsprecher appelliert: „Bitte Disziplin auf den Rängen. Es kann nicht sein, dass der Schiri mit einem Getränk überschüttet wird.“ Offensichtlich schon, alles ist ein bisschen anders als sonst. Stimmungsvoller, aber auch familiärer als in der steril wirkenden Multifunktionsarena.

Den Weg zur Pressekonferenz bahnen sich Nürnbergs Trainer Martin Jiranek und Uwe Krupp durch eine gut gelaunte Menschenmenge. Berlins Coach schallen „Uwe, Uwe!“-Rufe entgegen. Und als der 49-Jährige den Medienvertretern erklärt, wie seine Spieler den 0:1-Rückstand in ein zwischenzeitliches 6:1 verwandelt haben, da dröhnen von nebenan lautstarke Fan-Gesänge in den Presseraum. Der ist so beengt, dass selbst die Protagonisten stehen müssen. Egal, das Fazit ist auch so schnell gezogen. Jiranek erklärt: „Eine gute Play-off-Stimmung. Die jungen Spieler waren von der Lautstärke etwas überrascht.“

Ob man denn aus Eisbären-Sicht nicht öfter im Wellblechpalast spielen sollte, will die taz von Krupp wissen. Ein verschmitztes Lächeln: „In der O2 World ist die Stimmung auch gut.“ Krupp klingt dabei eher pflichtbewusst. Dass die alte Heimat keine Dauerlösung ist, weiß er natürlich. Letztlich ist die Schnickschnackversion bequemer und vor allem profitabler. Die rasante Fahrt mit dem alten Käfer hat Krupp zur Abwechslung aber ganz gut gefallen.

DAVID JORAM