LESERINNENBRIEFE
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Gespräche gehen ins Sarrazineske

■ betr.: „Rechtsterrorismus“, taz vom 22. 11. 11

Rechtes Gedankengut – oder besser gesagt Gedankenschlecht! – ist bei erschreckend vielen Menschen jeden Alters, jeder Bildung und jeden Geschlechts salonfähig und wird immer „gerne genommen“. Unzählige berufliche und private Gespräche gehen ins Sarrazineske. Vor Jahren verballhornte ein lieber Kollege meinen Namen zu Große-Stolperstein. Wenn ich ein lebender Stolperstein im Sinne der zum Andenken an ermordete jüdische Menschen verlegten Stolpersteine sein kann, dann hoffe ich, diesem Namen auch nur ansatzweise gerecht zu werden. PETRA GROSZE-STOLTENBERG, Hattingen

Brauner Spuk gehört verboten

■ betr.: „Gegen Neonazis: Was jetzt zu tun ist“, taz vom 21. 11. 11

Ein lobenswerter Appell. Leider hat sich aber über Jahrzehnte erwiesen, dass Appelle ebenso wenig bewirken wie Selbstverpflichtungen. Zu beiden wird von Verantwortlichen immer dann gegriffen, um selbige zu delegieren und selbst in der Rolle des scheinbar willigen Gutmenschen genau nichts zu tun.

Zwar ist ein NDP-Verbot nicht die allein selig machende Lösung, aber trotzdem nicht marginal. Einerseits würde damit ein wesentlicher Finanzierungsbeitrag des Staates entfallen. Andererseits wird all den Vertretern von Exekutive und Legislative das Rechtfertigungsargument, es handle sich doch um eine parlamentarisch legitimierte Partei, zur Duldung und Unterstützung bis hin zur Verfolgung von Demokraten wie zum Beispiel Gegendemonstranten aus der Hand genommen.

Wieso ein Verbot an einer Durchsetzung mit V-Leuten scheitern kann, wird seltsamer Weise nie hinsichtlich der Logik hinterfragt. Selbst dann, beziehungsweise erst recht – wie heutige Kenntnisse nahe legen – wenn der braune Spuk nur aus staatlich alimentierten V-Leuten bestünde, gehört er verboten. ERICH ROTH, Grimma

Die eigenen braunen Flecken

■ betr.: „Ich bin unschuldig am Blut dieses Gerechten“,tazzwei vom 23. 11. 11

Ja, ja und wieder ja!

Die Kolumne von Kübra Gümüsay sollte auf der Titelseite stehen als eine Art Petition, als ein Aufruf an das Volk; zu unterzeichnen von jedem, der den täglichen Rassismus in allen Bereichen des Lebens nicht mehr hinnehmen will.

Ja, wir sind das Volk, aber was das Bewusstsein für Rassismus und unsere eigenen braunen Flecken angeht, haben wir die 99 % noch lange nicht erreicht. Occupy Deutschland einmal ganz anders.

Wutbürger und Mutbürger einmal ganz anders. Überlassen wir unser Land nicht dem braunen Mob, der das tut, was Mob so zu tun pflegt. Er projiziert die eigene menschliche Kleinheit und Mutlosigkeit, das eigene Versagen und die eigene Lebensuntüchtigkeit auf ein beliebiges Feindbild, schaukelt sich gegenseitig hoch mit Grölen und Schulterklopfen und sucht sein Ventil letztendlich in Gewalt bis hin zum Mord, geschickt gesteuert von bestimmten Drahtziehern der Gesellschaft. „Doch man sieht nur die im Lichte, die im Dunkeln sieht man nicht.“ Und hinterher hat keiner etwas gesehen oder gewusst. „Man hat das nicht so mitbekommen“, das klassische deutsche Statement der Nachkriegsjahre gilt anscheinend auch heute noch. GABI AUTH, Essen