Netanjahu sieht Deal als Gefahr

USA/ISRAEL Israels Premier wettert im US-Kongress gegen die Iran-Verhandlungen

BERLIN taz | Wie ein US-Präsident bei der jährlichen Rede zur Lage der Nation wurde Israels Premierminister Benjamin Netanjahu am Dienstag bei einem gemeinsamen Treffen beider Kammern des US-Kongresses mit stehenden Ovationen begrüßt. Mit dem Unterschied, dass mehr als fünfzig demokratische Abgeordnete der Rede aus Protest ferngeblieben waren.

Netanjahu brauchte nur wenige Höflichkeitsfloskeln, um direkt zu seinem Hauptthema zu kommen: Iran. Die Islamische Republik bedrohe nicht nur Israel, sondern die gesamte Region und den Weltfrieden – so wie auch die Nationalsozialisten nicht nur für die Juden eine Gefahr darstellten, sondern für die ganze Welt.

Das skizzierte Abkommen über das iranische Atomprogramm verschärfe diese Bedrohung, sagte Netanjahu. Denn es erlaube Iran, seine Nuklearkapazitäten zu behalten und „in kürzester Zeit“ ausreichend bombenfähiges Nuklearmaterial herzustellen. Schon seit rund 25 Jahren warnt Netanjahu davor, Iran stünde unmittelbar vor der Fertigstellung der Bombe. Gestimmt hat das nie, aber das hielt die Abgeordneten und Senatoren nicht davon ab, enthusiastisch zu applaudieren.

Die derzeitige iranische Regierung, sagte Netanjahu, sei im Übrigen keine Regierung der Reformer – sie sei aggressiv wie immer. Iran werde immer ein Feind der USA bleiben. Bevor irgendwelche Sanktionen gegen den Iran aufgehoben würden, müsse der Iran zunächst aufhören, internationalen Terrorismus zu fördern, Israel zu bedrohen und seine Aggressionen gegen seine Nachbarn einstellen.

Die Alternative zu dem jetzt skizzierten Abkommen sei im Übrigen nicht Krieg, sondern harte Verhandlungen um ein besseres Abkommen, das Iran keine Nuklearkapazitäten mehr belassen würde. Um das zu erreichen, müsse der Druck deutlich erhöht werden.

US-Präsident Barack Obama hatte zuvor gesagt, er denke nicht, dass das Verhältnis zu Israel wegen der Rede für immer zerstört sei. Aber bei der Frage, wie der Iran daran gehindert werden könne, an Atomwaffen zu gelangen, gebe es massive Meinungsverschiedenheiten.

Ziel der Atomverhandlungen mit dem Iran, an denen auch die vier anderen UN-Vetomächte sowie Deutschland teilnehmen, ist es, bis Ende März eine Rahmenvereinbarung zu erzielen. Eine endgültige Regelung soll bis Ende Juni stehen. BERND PICKERT