Den Kiez bewahren mit Cartoons

KREUZBERG Karikaturisten und Comiczeichner zeigen Werke in der Marheinekehalle und drumherum. Das Festival will die Vielfalt des Viertels erhalten

Steve Jobs steht am Himmelstor. „Ich bin Buddhist“, sagt er zu Petrus, als der ihn per iPad einchecken will. „Reinkarnieren Sie mich!“ Der heilige Portier hat ein Einsehen: Auf dem folgenden Bild steht ein asiatischer Arbeiter an einem Fließband voller iPads. „@#?*“, denkt er, und wir ahnen, wo Jobs gelandet ist.

Der Zeichner des Strips heißt Matt Bors, er ist einer von 145 Künstlern, deren Werke auf dem Cartoon-, Karikatur- und Comic-Festival „The Browse“ an über 60 Ausstellungsorten in Kreuzberg gezeigt werden. Organisiert hat es die „Community Impulse Initiative“, eine Gruppe von Künstlern und Medienschaffenden aus dem Chamissokiez.

Die Galerie der Marheineke-Markthalle ist der zentrale Ausstellungsort, hier sind alle Künstler mit einem Bild vertreten. Weiter geht es in Kneipen, Restaurants und Läden sowie dem ehemaligen Tempelhofer Flughafen. „Ein gutes Konzept. So kann jeder sich die Künstler herauspicken, die er mag“, findet der Zeichner Bela Sobottke. Der 36-Jährige arbeitet seit zehn Jahren im Bergmannkiez für den Independent-Verlag Gringo Comics. In seinen Werken ist Berlin die Kulisse grotesker Abenteuer. Beim Festival ist Sobottke mit den Serien „König Kobra“ und „Jochen Knochen“ vertreten: „Die erste ist ein Endzeit-Comic, der in einem plattgemachten Berlin spielt. In der zweiten Serie jagt ein Kommissar einen Serienmörder in der Hasenheide.“

Anderen Charakter haben die politischen Karikaturen: Zeichnungen von Klaus Stuttmann oder Heiko Sakurai sind dabei wie von internationalen Künstlern – etwa dem Exil-Algerier Said, der 2003 aus Deutschland abgeschoben wurde. Er thematisiert Europas Flüchtlingspolitik, wenn er auf einem Bild über ein Seil durch einen Hagel aus Kanonenkugeln balanciert. Auch Rasha Mahdi, die erste Karikaturistin Ägyptens, präsentiert Zeichnungen, mit denen sie die Nato-Einsätze in Nordafrika kritisiert.

„Solche Künstler haben starke Botschaften und wir sind stolz, dass sie mit uns arbeiten“, sagt John Colton von Community Impulse. „Die Mischung von Politik und Kunst ist Kreuzberger Tradition, deswegen veranstalten wir das Festival an mehreren Orten.“

Gegen Gentrifizierung

Seit 2005 engagiert sich die Initiative, um den Kiez vor Gentrifizierung zu schützen. „Wir möchten, dass hier die Kultur bleibt und Künstler hier noch wohnen können“, sagt Colton. „Mit dem Festival wird Kreuzbergs alter Charakter erhalten.“

„Thinking global, starving local“ – global denken, lokal verhungern, so der Slogan des Festivals. „Das muss nicht sein“, fährt Colton fort und meint Kreuzberg: „Wir wehren uns. Wir wollen, dass auch unsere Kinder diese Vielfalt erleben.“ Damit auch die sich kulturell betätigen können, gibt es parallel zum Festival einen Zeichenwettbewerb in Kooperation mit der „Trennstadt“-Kampagne. Menschen unter 25 sollen Ideen entwickeln, wie „Müll Busters“ aussehen und welche Abenteuer sie erleben könnten. Bis 23. November können Skizzen eingereicht werden.

BARBARA CUNIETTI

thebrowse-cartoonfestival.de