Google will die Welt der Handys erobern

Der Internet-Konzern schmiedet eine Allianz, die mit Gratis-Technologie künftige Mobilfunk-Standards setzen soll

BERLIN taz ■ Das mächtigste Unternehmen der Internet-Wirtschaft ist Google bereits. Nun holt der Konzern zum großen Schlag aus, um auch die Welt der Handys zu erobern: Am Montagabend präsentierte der Internet-Konzern eine globale Allianz von 33 Mobilfunk- und Technologieunternehmen, die Google um sich geschart hat. Zu dem illustren Bündnis gehören Branchenriesen wie Intel, Samsung, Texas Instruments, Sprint und T-Mobile. Auch der weltgrößte Mobilfunkanbieter China-Telecom mit über 332 Millionen KundInnen ist mit von der Partie. Auffallend abwesend sind drei Branchenriesen: Nokia, der größte Handyhersteller der Welt, sowie AT&T und Verizon, die größten Mobilfunk-Netzbetreiber auf dem US-Markt.

Ziel von Googles globaler Allianz ist es, erstmals einen offenen Handystandard zu schaffen, dessen Technologie weltweit kostenlos genutzt werden kann. Anders als etwa bei PCs, die zu 90 Prozent mit dem Betriebssystem Windows von Microsoft laufen, konkurrieren bei Mobiltelefonen verschiedene Betriebssysteme wie Windows Mobile, Symbian, Palm OS und Linux um Marktanteile. Technologisch hat diese Vielfalt die Entwicklung und Verbreitung innovativer Handys erschwert, da Dienste und Software für jede dieser Plattformen miteinander nicht kompatibel sind und jeweils neu entwickelt werden müssen. Die mobile Internet-Nutzung ist daher bislang kaum über ein Nischendasein hinausgekommen.

Urheberrechtlich geschützte Betriebssysteme sollen mit der neuen Plattform der Vergangenheit angehören, die Google auf den Namen Android getauft hat. Android ist nach Angaben von Google vor allem für die Internet-Nutzung ausgelegt, ohne dass die bisher üblichen Abstriche beim mobilen Surfen nötig wären – wie etwa die oft fehlerhafte Anzeige von Internetseiten.

Finanzieren soll sich der kostenlose Handystandard mit Hilfe des bewährten Google-Goldesels, der personalisierten Internetwerbung. Der Konzern hat damit allein im dritten Quartal 1,1 Milliarden US-Dollar Gewinn gemacht. Mit Android schafft sich Google die technische Basis, um auf jedem Android-Handy auf den Nutzer maßgeschneiderte Werbeanzeigen einzublenden. „Je mehr die Menschen ihr Handy zum Internetsurfen benutzen, desto größer werden für Google die Möglichkeiten, mit mobiler Internetwerbung Geld zu verdienen“, sagt Google-Projektchef Andy Rubin.

Der potenzielle Markt ist gigantisch. „Der mobile Markt ist etwa doppelt so groß wie im stationären Internet“, so Rubin. Während heute weltweit etwa 1,5 Milliarden Menschen Zugang zum Internet haben, können etwa 3 Milliarden Menschen mobil telefonieren. Erste Handys mit Android-Technik wird es nach Angaben von Google-Chef Eric Schmidt allerdings erst im zweiten Halbjahr 2008 geben. „Es wird nicht das eine Google-Phone geben, sondern tausende unterschiedliche Modelle auf der Basis von Android“, sagt Schmidt.

Google attackiert mit seinem Open-Source-Konzept vor allem Firmen, die ihr Geld damit verdienen, eigene Software vor Konkurrenten geheim zu halten und für ihre Nutzung Gebühren zu verlangen. Im Unterschied dazu sollen in Zukunft beim Google-Handy nicht die Mobilfunkunternehmen, sondern die Nutzer selbst bestimmen, mit welchen Anwendungen das Gerät ausgestattet ist. Im Visier steht damit vor allem Googles Erzrivale Microsoft. Der wird dieses Jahr voraussichtlich 12 Millionen Windows-Mobile-Smartphones verkaufen und kontrolliert damit etwa 10 Prozent des Marktes für hochwertige Handys. Aber auch das am Freitag in Deutschland debütierende iPhone von Apple oder das bei Managern beliebte „Blackberry“ gehören dazu. TARIK AHMIA