Diplomatischer Erfolg für Erdogan

Dem türkischen Ministerpräsident Tayyip Erdogan wird in Washington von US-Präsident George W. Bush volle Unterstützung gegen die PKK zugesagt. Nach langer Verstimmung scheint sich das Klima zwischen Türkei und USA zu normalisieren

AUS WASHINGTON ADRIENNE WOLTERSDORF

Der türkische Ministerpräsident Tayyip Erdogan ist nach seinem Gespräch mit US-Präsident George W. Bush am Montag in Washington sichtlich zufrieden in sein Hotel zurückgekehrt. Die Drohungen Ankaras in Richtung Washington waren dieses Mal offensichtlich nicht überhört worden. Ohne Wenn und Aber bot Bush seinem Gast als konkreten Beitrag einen verbesserten Austausch von Geheimdienstinformationen zwischen den USA, der Türkei und dem Irak an. „Gute, akkurate Geheimdienstinformationen, die schnell geliefert werden und auf moderner Technik basieren, werden es viel einfacher machen, effektiv gegen die Rebellen vorzugehen“, erklärte Bush. Erdogan sagte im Gegenzug zu, sich in der Kurdenpolitik mit den USA künftig abstimmen zu wollen.

„Die PKK ist eine Terrororganisation. Sie ist ein Feind der Türkei, ein Feind des Irak und ein Feind der Vereinigten Staaten“, sagte Bush nach dem Treffen. Er bot Erdogan an, dass beide Seiten die Erkenntnisse ihrer Geheimdienste über die Kurdische Arbeiterpartei (PKK) austauschen könnten, wobei die USA Informationen über die Bewegungen von Personen und Geld zur Verfügung stellen könnten. Außerdem sollten ranghohe Vertreter der Streitkräfte, darunter der US-Irak-Kommandeur David Petraeus, künftig häufiger Kontakt aufnehmen, um die Bewegungen der PKK-Kämpfer besser verfolgen zu können.

Erdogan hatte noch vor seinem Abflug in die US-Hauptstadt hoch gepokert. Er erwarte von der US-Regierung konkrete Schritte, hatte der Ministerpräsident gesagt, denn die „Geduld des türkischen Volkes ist am Ende“. Bis zu dem Treffen hatte Washington stets nur ein Ziel benannt, nämlich die Türkei von einer militärischen Intervention im Nordirak abzuhalten. Die USA befürchten, dass eine türkische Militäraktion im ruhigsten Teil des Irak das Land weiter destabilisieren könnte. Militärische Aktionen würden in den Augen Washingtons zudem einen Präzedenzfall für andere Länder mit kurdischer Minderheit wie dem Iran setzen. Seit Wochen drängte die US-Regierung daher auf eine diplomatische Lösung.

Die türkische Regierung hatte nach einem Besuch von Außenministerin Condoleezza Rice in der vergangenen Woche in Istanbul klargemacht, dass sie mit den bisherigen US-Zusagen nicht zufrieden war. Der Streit um die Kurdenpolitik hatte zu einer ernsten Belastungsprobe für die Beziehungen der Nato-Verbündeten Türkei und USA geführt.

Ankara ist vor allem darüber verärgert, dass die USA bisher weder selbst gegen die PKK aktiv wurde noch grünes Licht für eine türkische Intervention gegeben hatte. Unterdessen ließ die Türkei bis zu 100.000 Soldaten an der Grenze zum Irak aufmarschieren, um somit ihre Entschlossenheit zu einem größeren Einsatz gegen die rund 3.000 Rebellen zu unterstreichen. Das türkische Parlament hatte der Regierung im Oktober die Vollmacht zu einem Militäreinsatz im Nordirak erteilt. Erdogan hatte stets gesagt, er wolle vor einem Militäreinsatz das geplante Treffen mit Bush abwarten.

Zum Abschluss seines Besuches ging Erdogan noch auf die geplante Armenien-Resolution des US-Kongresses ein, die das Verhältnis zusätzlich belastet hatte. Er sehe es „mit vorsichtigem Optimismus“, dass die Verabschiedung der Resolution durch das Parlament aufgeschoben worden sei, sagte Erdogan.

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