HAMBURGER SZENE VON REBECCA CLARE SANGER
: Durchgefallen

Da lob ich mir doch meine ehemalige Frauenärztin. Eine Tschechin, die ein Behandlungszimmer in einer Praxis mit guter Adresse, Ledersofas und einem alten braungebrannten Frauenarzt gefunden hatte, welcher sein Geld mit Brust OPs verdiente. Über den grünen Klee pflegte sie mich zu loben. „Ganz toll!“, pflegte sie zu schreien, „ich gratuliere! Sie sind kerngesund, da ist alles ganz ausgewogen, ganz ausgeglichen!“

Heute sitze ich auf einem Ikeamöbel vor dem Schreibtisch meiner jetzigen Ärztin, „und, was wollen Sie jetzt hier?“, fragt sie, wie schon ihre Vorzimmerdamen vor ihr und müde erkläre ich ihr, an meinem Verstand zweifelnd, den Zusammenhang, den ich und meine Hausärztin sehen, zwischen meiner Blutarmut und ihrem Metier: Frauenarzt, Frauenleiden; Blut haben, oder eben nicht haben.

„Ja wie viel Blut verlieren sie denn bei ihrer Monatsblutung?“, und ich nenne Zahlen, Frequenzen, Fakten. „Also da muss ich Ihnen sagen“, ihre Finger tippen fleißig, halten meine beschämende Blutmenge auf ihrem Rechner fest, „das ist nicht dolle. Da bluten meine Vorzimmerdamen mehr als Sie. Die rennen jede Stunde aufs Klo, und das tagelang.“ Eine glatte Sechs also, Durchgefallen. Auf dem Weg hinaus werfe ich noch einen Blick auf die formidablen Vorzimmerdamen. Auch ihre Hüften sind breiter als meine.