MÄNNER, SPIONE, AGENTEN UND TAXIFAHRER
: Die Stadt der Verbote

VON BEATE SEEL Von gut gemeinten Ratschlägen und ihren Wirkungen

NEBENSACHEN AUS KAIRO

Um es gleich vorweg zu sagen: Dieser Text handelt weder von dem neuesten Dekret des in Ägypten herrschenden Militärrats noch von Erklärungen der Salafisten, wie man sich zu kleiden und zu benehmen habe. Er handelt ausschließlich von gut gemeinten Ratschlägen, was man tun beziehungsweise lassen sollte.

Es ging gleich nach meiner Ankunft in einem Hostel in der Kairoer Innenstadt los. Ich war schon halb die Treppe runter, um mir eine ägyptische Sim-Card zu kaufen, als die nette Angestellte mir hinterher gerannt kam. „Du darfst nie, nie, nie einen ägyptischen Mann in einer anderen Sprache als in Arabisch ansprechen“, legte sie mir nahe. „Er verwickelt dich sonst in ein Gespräch.“ Nun ja. Das ist nichts Neues, aber ich bin auch keine Achtzehnjährige auf der ersten Reise in ein arabisches Land.

Der nächste Tipp erfolgt am Tag darauf. „Du darfst nie, nie, nie mit einem Taxifahrer sprechen“, sagen mir zwei junge Aktivisten. „Die werden vom Geheimdienst bezahlt, um die Fahrgäste auszuspionieren.“ Von denen sie weder Namen noch Adresse wissen?

Einem anderen Gesprächspartner zufolge verdingen sich die Taxifahrer in ihrem Nebenjob nicht als Spione, sondern als Einflussagenten. „Sie sondieren zuerst, was man von der Revolution hält“, sagt der Journalist Mitte 30. Wenn der Fahrgast für die Revolution sei, setze der Chauffeur zu einer Aufzählung all seiner Widrigkeiten im täglichen Leben an: Verdienstausfälle während der Demonstrationen, ausbleibende Touristen, kein Brot für die Kinder. Im gegenteiligen Fall setze das Prinzip der positiven Verstärkung ein: Der Fahrgast habe ja so recht, alles werde immer schlimmer etc. Mein journalistischer Gesprächspartner liefert sogleich die Erklärung dafür mit. Der Taxifahrer – der dafür natürlich von irgendeiner anderen, diesmal nicht näher genannten Stelle in Lohn und Brot steht – ist angehalten, im Vorfeld der Wahlen Werbung für das alte Regime und, in dessen Verlängerung, für den Militärrat zu machen.

Und dann kam noch der Rat, der kommen musste: Nie, nie, nie freitags auf den Tahrirplatz gehen. Ich habe alle Ratschläge in den Wind geschlagen und Kairo trotzdem überlebt – ohne das geringste Problem.