DIE STIMMEN DER ANDEREN
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Cinco Días (Spanien)

Italien ist kaum zu retten

Der angekündigte Rücktritt des italienischen Premiers Silvio Berlusconi hat allen gezeigt, dass der Sturz einer unfähigen Regierung nicht mehr ausreicht, um den Druck der Märkte auf ein in Not geratenes Land zu senken. Es besteht kein Zweifel daran, dass der Rücktritt Berlusconis Roms Aussichten verbessern wird. Aber die Geste reicht nicht, um den Investoren das Vertrauen in eine so hoch verschuldete Volkswirtschaft zurückzugeben – 1,9 Billionen Euro, 120 Prozent des Bruttoinlandprodukts. Wie das Quecksilber in einem Thermometer ist der Risikoaufschlag auf italienischen Staatsanleihen angestiegen. Italien folgt damit Schritt für Schritt der fatalen Entwicklung, die Irland und Portugal vor ihrer Rettung genommen haben. Der Unterschied liegt darin, dass Italien aufgrund seiner Größe nicht mit denselben Mitteln gerettet werden kann wie diese Länder oder Griechenland.

Les Echos (Frankreich)

Die EZB gefährdet den Euroraum

Warum kann England zu einem Zinssatz von 2,2 Prozent über zehn Jahre Schulden aufnehmen während Italien 7,4 Prozent zahlen muss, obwohl die britischen Staatsfinanzen in einem schlechteren Zustand sind als die italienischen? Der Unterschied zwischen den beiden Ländern hängt unter anderem mit der Rolle der Zentralbanken zusammen. Wie in allen großen Ländern fungiert die Zentralbank in England als Geldgeber im Notfall. Der Chef der US-Notenbank Ben Bernanke dämpfte 2008 die Panik an den Finanzmärkten, als er daran erinnerte, dass die Notenbank notfalls als Geldgeber einspringen würde. Die Eurozone ist gefährdet, weil die EZB diese Rolle nicht übernimmt. Das muss sich ändern. Deswegen muss sie nicht gleich vollkommen nachgiebig werden oder ihre Glaubwürdigkeit einbüßen. Andere Zentralbanken sind der Beweis dafür.

Aftonbladet (Schweden)

Zentralbank muss endlich tätig werden

Um Italien und den Euro zu retten, müsste die Europäische Zentralbank das gleiche tun wie die US-amerikanische Notenbank. Während der Finanzkrise 2008 kaufte die Fed nahezu unbegrenzt risikoreiche Wertpapiere. Genauso könnte die EZB vorübergehend wertlose Staatsanleihen kaufen. Doch das wird Deutschland nicht zulassen. Die EZB ist die einzige Notenbank der Welt, die sich weigert, Verantwortung für das Finanzsystem zu übernehmen, das sie kontrolliert. Denn man hat panische Angst vor der Inflation.

Il Sole 24 Ore (Italien)

Italien braucht eine Notstandsregierung

Es führt kein Weg mehr an einer Notstandsregierung der nationalen Einheit vorbei. Alle politischen Kräfte – vor allem die Vertreter der konservativen Partei PDL von Berlusconi – müssen sich auf Personen einigen, die bereits bewiesen haben, dass sie die Sprache der Finanzmärkte und der Staaten sprechen. Dies befähigt sie dazu, ebenbürtig am Verhandlungstisch Platz zu nehmen und die Investoren zu überzeugen, dass italienische Staatsanleihen solide und vertrauenswürdig sind. Deshalb, liebe Herren Abgeordneten und Senatoren, steht es in eurer Verantwortung, Italien eine Notstandsregierung zu geben, die von glaubwürdigen Männern gelenkt wird. Nur sie können Italien und den Italienern die notwendige Kur verschreiben und gleichzeitig dafür sorgen, dass die Welt dem Land wieder vertraut.

Neue Zürcher Zeitung (Schweiz)

Berlusconis Abgang als Chance sehen

Die Krise kann zu einem zweiten Gründungsakt der Union werden, in dem die Mitglieder das Spannungsfeld zwischen der Bereitschaft zur Einordnung in der Gemeinschaft und der unabdingbaren nationalen Autonomie neu vermessen. Endet die Souveränität wirklich dort, wo die Insolvenz beginnt? Wie viele Ermahnungen durch die Oberlehrer in Berlin und Paris sind für die Öffentlichkeit eines anderen Landes erträglich, wenn der getadelte Schüler nicht Berlusconi heißt, sondern ein auf nationaler Ebene respektierter Regierungschef ist? Der Cavaliere hat ein erlösendes Wort gesprochen, doch für die EU sind die damit verbundenen politischen Fragen noch unbeantwortet.Quellen: Eurotopics, dpa