Hafen-Aktie zehnfach überzeichnet

Hamburger Hafen- und Logistik-AG legt guten Börsenstart hin. Mit dem Erlös von mehr als einer Milliarde Euro will der Senat den Hafen ausbauen. Denn mit der Globalisierung boomt die Logistikbranche

VON GERNOT KNÖDLER

Beim Teilverkauf seines Hafenbetriebs „Hamburger Hafen- und Logistik AG“ (HHLA) hatte der Senat der Hansestadt offenbar eine glückliche Hand: Die Aktie wurde gestern zu 53 Euro das Stück an die Börse gebracht. Das entspricht dem oberen Ende der vorher festgelegten Preisspanne und bringt der Stadt 1,17 Milliarden Euro ein. 100 Millionen davon erhält die HHLA zur Stärkung ihres Eigenkapitals. Eine Milliarde will der Senat in den Ausbau der Hafeninfrastruktur stecken.

Auch nach dem Verkauf von 30 Prozent der Aktien wird der Senat bei der HHLA das Sagen haben, wenn auch nicht mehr unbeschränkt wie früher. „Hamburg will das Steuer in der Hand behalten“, versicherte Finanzsenator Michael Freytag (CDU). Senat und Bürgerschaft haben aus dem Verkauf der Hamburgischen Electricitäts-Werke (HEW) gelernt, die jetzt als Teil von Vattenfall die Gewinne sprudeln lassen. 49 Prozent der HHLA hatte der CDU-Senat verkaufen wollen. Nach massiven Protesten der Belegschaft und dem Scheitern einer Einigung mit der Deutschen Bahn, die die 49 Prozent übernehmen sollte, verringerte er den Anteil auf 30 Prozent.

20 Prozent der 22 Millionen verkauften Aktien gingen an Privatleute, davon nach Angaben von Wirtschaftssenator Gunnar Uldall (CDU) 120.000 an HHLA-Mitarbeiter. Diesen war ein kleines Aktienkontingent zum verbilligten Preis angeboten worden. 80 Prozent der Aktien erwarben 241 institutionelle Anleger, zum Beispiel Infrastrukturfonds. Damit hat der Senat sein erklärtes Ziel, die Aktien breit zu streuen, erstmal erreicht.

Der Senat begründete den Verkauf der HHLA-Anteile mit dem Argument, der Hafen solle den Hafen finanzieren. Insbesondere weil der Containerverkehr in den vergangenen Jahren in Hamburg mit zweistelligen Raten gewachsen ist, hält die Infrastruktur – Hafenbecken, Kais, Brücken, Bahnanlagen – nur mit Mühe Schritt. Immer größere Containerschiffe brauchen größere Containerbrücken, die von den Umschlagsunternehmen bezahlt werden. Die stärkeren Kais für die Containerbrücken baut die Stadt. Auch das Zuschütten alter Hafenbecken, um auf den entstehenden Flächen neue Terminals anlegen zu können, besorgt der Senat. Neben der HHLA profitieren auch andere Umschlag-Unternehmen im Hafen von den Investitionen, etwa der zweite große Containerterminal-Betreiber, Eurogate.

„Wir haben einen Hafenplan bis 2015 gemacht“, sagte Uldall. Um bis dahin den Umschlag verdoppeln zu können, seien 2,9 Milliarden Euro an städtischen Investitionen nötig. Mit dem jetzt erzielten Erlös seien alle entsprechenden Projekte finanziert. Erst in dieser Woche hatte Bürgermeister Ole von Beust (CDU) verkündet, der Senat werde erstmals seit vielen Jahre keine neuen Schulden machen und sogar mit der Tilgung der aufgehäuften Verbindlichkeiten von 22 Milliarden Euro beginnen.

Trotz einer gewissen Skepsis bei Analysten, was den tatsächlichen Wert der HHLA angeht, hielt sich deren Aktie an ihrem ersten regulären Handelstag prächtig. Der erste Kurs lag bei 59 Euro – elf Prozent über dem Ausgabepreis. Im Laufe des Tages schwankte er zwischen 58 und 63 Euro, um schließlich bei 61 Euro zu landen.

Analysten hatten die von der HHLA vorgegebene Preisspanne vor der Börsennotierung als etwas zu hoch eingeschätzt. Experten der Citigroup bewerteten das Eigenkapital der HHLA mit 3,2 bis 3,6 Milliarden Euro. Bei einem Aktienpreis von 53 Euro wären es rund 3,7 Milliarden.

Sollte sich die Wirtschaft in Fernost und im Baltikum weiter so gut entwickeln wie bisher, dürfte das Interesse der Investoren nicht nachlassen. Über Hamburg wird ein Großteil des entsprechenden Verkehrs abgewickelt – allerdings nicht immer zur allseitigen Freude: Unter Verweis auf den Hafen will der Senat eine weitere Elbvertiefung. Und der vom Hafen erzeugte Verkehr und Flächenfraß setzt seine Nachbarn unter Druck.