Dreierlei vom Arbeitszeitgesetz

GUT ESSEN Unsere Kolumnistin Sarah Wiener ist von taz-LeserInnen kritisiert worden – wegen Verletzung der Jobzeitbestimmungen. Zum Hintergrund

■ 52, ist Österreicherin, Köchin, TV-Promi, Lebensmittelherstellerin, Buchautorin. Sie engagiert sich unter anderem in ihrer Stiftung, die Kindern Kochen und Essen lehrt. Die taz-Kolumne „Dreierlei vom …“ schreibt sie seit Mai 2013. Derzeit macht sie eine Auszeit von der Öffentlichkeit.

VON REINER METZGER

„Es ist mir unerklärlich, dass eine S. Wiener in der taz eine Ecke bearbeitet“, schreibt uns Udo G. Und Thomas S. schreibt: „Die Frau Wiener lächelt aber nett auf dem Bild. Ganz so nett scheint Frau Wiener allerdings nicht zu ihren Mitarbeitern zu sein, fragt mal bei Daimler nach, stört die taz aber anscheinend nicht.“ Was war da los, taz?

Sarah Wiener schreibt einmal im Monat in der taz.am wochenende die Seite „Dreierlei vom …“. Das sind jeweils drei Rezepte zu einem bestimmten Gemüse. In den vergangenen drei Monaten waren das Steckrübe, Weißkohl und Winterspargel. Doch Sarah Wiener ist nicht nur verständige Gourmetköchin, sondern auch Unternehmerin. Ihre Sarah Wiener Gruppe vertreibt Bücher, Kochutensilien, Lebensmittel und DVDs ihrer Fernsehserien.

Bei den obigen Leserbriefen geht es um die bisher recht große Firmenabteilung der Restaurants und des Caterings. Im Berliner Museum für Kommunikation, im Kunstmuseum Hamburger Bahnhof und im Veranstaltungsort Tempodrom versorgt Sarah Wieners Firma die dortigen Gäste. Außerdem bekochen beziehungsweise bekochten die Angestellten der Sarah Wiener Gruppe die Mercedes-Fans und -Kunden im Restaurant „Gottlieb“ der Bremer Daimler-Niederlassung – unweit der dortigen Galopprennbahn. Sowie im Restaurant des Daimler-Benz-Museums in Bad Cannstatt bei Stuttgart. Daimler hat die Verträge mit der Berliner Sarah Wiener Gruppe gekündigt. Seit Dezember werden beide Lokale von am Ort ansässigen Unternehmen betrieben. Begründung der Daimler AG: Es hätte Verstöße gegen die sozialen Grundsätze für Werkvertragsunternehmer und Lieferanten gegeben, genauer gegen die Arbeitszeitregeln. Dabei handelt es sich um das Arbeitszeitgesetz, welches für ArbeitnehmerInnen eine werktägliche Arbeitszeit von acht, ausnahmsweise zehn Stunden vorschreibt. Inklusive Pausen und elf Stunden Ruhezeit zwischen den Einsätzen. Sowohl die Daimler AG als auch die Sarah Wiener GmbH sagen wenig zu den Details, das ist bei solchen Konflikten üblich. Die Zerwürfnisse seien wohl mehr in Stuttgart entstanden, so der jetzige Betreiber an der Bremer Galopprennbahn. Daimler sagt: Die Werkverträge sind beendet. Ob und wie viel es nun billiger ist ohne den prominenten Namen, sagt man nicht. Die Wiener-Gruppe gibt wiederum an, dass nicht Sarah Wiener direkt zuständig gewesen sei, sondern die Sarah Wiener GmbH und deren Schwesterunternehmen, die SW Museumsgastronomie GmbH. Sobald die Arbeitszeitverstöße bekannt wurden, seien sie per „Anweisung an die Niederlassungsleiter korrigiert worden“. Es habe sich um Ausnahmen gehandelt, als MitarbeiterInnen kurzfristig ausgefallen seien.

Die SW Museumsgastronomie GmbH meldete Anfang November 2014 Insolvenz an und wurde einen Monat später an die neu gegründete MB Museumsgastronomie GmbH in Stuttgart veräußert, wie der Insolvenzverwalter im Dezember mitteilte. Die Belegschaft, etwa 60 Beschäftigte, seien von der neuen Firma übernommen worden. Geschäftsführer dieser MB Museumsgastronomie GmbH, die das Restaurant im Daimler-Benz-Museum betreibt, ist Michael Braun. Der war dort vorher Küchenchef – und mitverantwortlich für den Personaleinsatz. Ob damit die „globale Ausbeutung in der Gastronomie“ (so Zitate aus LeserInnenbriefen) in Daimlers Museumsrestaurant zukünftig ausgeschlossen ist, bleibt somit abzuwarten.

Bei der Sarah Wiener Gruppe hat die Kündigung der Daimler-Werksverträge einen Umbau vielleicht angestoßen, auf jeden Fall beschleunigt. Die Restaurant- und Cateringsparte wird reduziert. Selbst das 1999 eröffnete erste Sarah-Wiener-Restaurant, „Das Speisezimmer“ in Berlin, wird seit dem 1. Februar „nur noch als Veranstaltungslocation betrieben“, so das Unternehmen. Und neben den Daimler-Lokalen wurde auch der Betrieb des Kaffeehauses im Berliner Museum für Kommunikation abgegeben.

Hinzugekommen ist hingegen Ende 2014 der Ökohof „Gut Kerkow“ in der Uckermark, nördlich von Berlin. Der frühere Hofchef des 700-Hektar-Objekts mit 20 MitarbeiterInnen war 2013 tragisch ums Leben gekommen, im Anmischbehälter der Biogasanlage. Mit diesem Kauf geht die Wiener-Gruppe weiter Richtung Erzeugung und Verarbeitung von eigenen Lebensmitteln. Und die „Ecke“ in der taz bleibt hoffentlich noch eine Weile.

Mitarbeit: Lena Müßigmann (taz-Korrespondentin Baden-Württemberg) und Jean-Philipp Beck (taz.nord Bremen)