Politischer Volltreffer

SÜNDENFALL Die Grüne Nebahat Güçlü sprach vor „Grauen Wölfen“ – das spaltet Partei und Türkische Gemeinde

Nebahat Güçlü hat es geschafft, den Hamburger Grünen-Vorstand gegen sich aufzubringen und die örtliche Türkische Gemeinde, die TGH, zu spalten. Dabei ist Güçlü, die in der Hamburgischen Bürgerschaft von 2008 bis 2010 als erste Frau mit Migrationshintergrund Vizepräsidentin eines deutschen Landtags war, ein sehr friedfertiger Mensch. Aber die 49-jährige Politologin, die jetzt auf Platz 25 der grünen Landesliste kandidiert, hat vor den falschen Leuten gesprochen.

Am 18. Januar redete sie auf einem Kulturfestival der „Türkischen Föderation“ über grüne Integrationspolitik. Die Föderation gilt als deutsche Vertretung der türkischen „Partei der Nationalistischen Bewegung“ (MHP) und steht den rechtsnationalistischen „Grauen Wölfen“ nahe. Daraufhin beschloss der Grünen-Vorstand, beim Parteischiedsgericht einen Antrag auf Ausschluss zu stellen: Güçlü habe „der Glaubwürdigkeit der Partei massiv geschadet“, hieß es. „Es ist absolut inakzeptabel, dort um Stimmen zu werben.“

Güçlü schoss zurück: „Ich lasse es nicht zu, meine Integrität als überzeugte Antirassistin und Demokratin infrage zu stellen.“ Sie habe von der Nähe zu den Grauen Wölfen nichts gewusst, lehne „rechtsnationales Gedankengut“ strikt ab: „Ich stehe seit Jahrzehnten mit meiner Person für den Dialog zwischen Kulturen und Weltanschauungen“, stellte Güçlü, jahrelang Geschäftsführerin einer Interkulturellen Begegnungsstätte, klar. Schon im Wahlkampf 2008 habe sie bei der Föderation gesprochen – im Auftrag der Grünen.

Auch die TGH, deren Vorsitzende sie seit 2012 ist, entzweite sich über den Vorgang. Vier Vorstandsmitglieder und sechs Jugendvorständler traten zurück, die verbleibende Mehrheit des Gremiums fordert nun ein Ende der „Hetz- und Rufmordkampagne“ gegen seine Vorsitzende: Die Kritik sei „absurd“, weil Güçlü sich „seit 30 Jahren gegen Rechtsextremismus und religiösen Fanatismus“ engagiere.

Am Donnerstag wies das Schiedsgericht den Ausschlussantrag ab – wegen eines Formfehlers. Güçlü bleibt vorerst Grüne und hält ihre Kandidatur aufrecht. Über einen neuerlichen, formgerechten Antrag des Vorstandes will das Schiedsgericht Mitte März beraten.  SMV