Gewerkschaft droht mit neuen Bahn-Streiks

Lokführer halten Verhandlungsangebot der Bahn für eine Mogelpackung. Bald könnten Züge wieder stillstehen

BERLIN afp/ap ■ Im S-Bahn- und Regionalverkehr drohen ab Donnerstag erneut Streiks. „Wenn die Bahn weiter auf Tarifverhandlungen pocht, schließen wir Streiks ab Donnerstag nicht mehr aus“, sagte der Vize der Lokführergewerkschaft GDL, Günther Kinscher, am Dienstag in Frankfurt am Main. Außerdem kündigte er am frühen Abend an, das vom Arbeitsgericht Chemnitz verfügte Streikverbot für den Personenfernverkehr und Güterverkehr anzufechten. „Streiks nur im Nahverkehr treffen die Band nicht“, sagte Kinscher der Welt.

Die GDL hatte das neue Tarifangebot der Bahn vom Montag abgelehnt und um ein Gespräch am Mittwoch gebeten. Die Bahn will aber sofort in Tarifverhandlungen einsteigen. Da dann Friedenspflicht bestünde und die Lokführer nicht streiken dürften, lehnt die GDL dies ab.

„Es wird kein Treffen geben, so wie es im Moment aussieht“, sagte der stellvertretende GDL-Chef Günther Kinscher am Dienstag. Bahn-Personalvorstand Margret Suckale sei nur an Tarifverhandlungen interessiert. Erst wenn die Bahn ein Angebot vorlege, über das die Gewerkschaft verhandeln könne und das einen eigenständigen Tarifvertrag ermögliche, werde die GDL in Verhandlungen eintreten, und „dann gilt natürlich die Friedenspflicht“.

Das aktuelle Angebot der Bahn sei eine „Mogelpackung“, kritisierte die Lokführergewerkschaft. Mit der Einmalzahlung von 1.400 Euro würden lediglich bereits geleistete Überstunden bezahlt. Für die 10-prozentige Lohnerhöhung sollten die Lokführer noch zwei Stunden mehr arbeiten, monierte Kinscher. Zudem gewähre der angebotene Tarifvertrag der GDL keine Autonomie, sondern sei an das Tarifwerk der übrigen Bahngewerkschaften Transnet und GDBA gebunden. Über das weitere Vorgehen der GDL einschließlich möglicher weiterer Streiks werde die Gewerkschaft am Mittwoch informieren, sagte Günther Kinscher.

Politiker von Koalition und Opposition drängten auf eine rasche Lösung des seit Monaten dauernden Tarifkonflikts. „Beide Seiten sollten sich ab morgen in Klausur begeben, bis endlich weißer Rauch aufsteigt“, sagte FDP-Generalsekretär Dirk Niebel der Netzeitung. Kritik am erneuten Nein der GDL zum Tarifangebot der Bahn kam von der SPD. „Diese Egoisten, die nur an sich selbst denken, müssen von der Öffentlichkeit zur Räson gebracht werden“, sagte der wirtschaftspolitische Sprecher der SPD-Fraktion im Bundestag, Rainer Wend, der Netzeitung.

Gestreikt wird auf jeden Fall ab Mittwochabend bis Freitag in Frankreich. Die französischen Bahngewerkschaften wollen eine von Staatspräsident Nicolas Sarkozy geplante Rentenreform verhindern. Die Deutsche Bahn warnt deswegen vor erheblichen Behinderungen in Frankreich sowie im grenzüberschreitenden Zugverkehr.