„Nur viel ändert viel“

EXPANSION Franchising könnte ein Geschäftsmodell sein, das die Veggie-Branche auf dem Markt für die Masse etabliert. Der Weg aus der Nische ist lang, aber erste Unternehmer versuchen sich bereits daran

Konkrete Utopien kann man essen: Vom veganen Supermarkt bis zum fleischlosen Restaurant wird bundesweit gegründet, was das Zeug hält. Doch was bringt das? Peter Zodrow, studierter Gastrobetriebswirt und Gründer der Bistros Sattgrün, macht eine nüchterne Rechnung auf (siehe youtube.com > sattgrün): in seinen Düsseldorfer SB-Bistros würden 500 bis 600 Gäste pro Tag vegan bewirtet. In Düsseldorf gebe es aber jeden Tag mehr als 600.000 Normalesser. Realistisch gesehen erzeuge ein Unternehmen wie Sattgrün also einen Unterschied von 0,1 Prozent. Zurücklehnen könne man sich bei diesen Zahlen nicht: „Nur viel ändert viel.“

Da bleibt eigentlich nur eins: expandieren. Die konventionelle Fast-Food-Branche macht’s vor, dort wird mit Franchising gearbeitet. Selbstständige Unternehmer eröffnen vor Ort Filialen nach vorgegebenem Schema und zahlen dafür Konzessionsgebühren. Durch ein cleveres Konzept überholte die Sandwichkette Subway auf diese Weise sogar McDonald’s – die Investitionskosten für standardisiertes Brotbelegen sind mit 80.000 Euro aufwärts geringer als beim gesetzlich stärker reglementierten Burgerbrutzeln.

Bereits jeder fünfte Konzessionsbetrieb, so der Deutsche Franchise-Verband e. V., stammt aus dem Bereich Gastronomie, der Jahresumsatz übersteigt 10 Milliarden Euro. Die Veggie-Szene hat daraus gelernt. Sattgrün baute 2013 eine neue Filiale am Düsseldorfer Medienhafen als Pilotstore auf und begann die Suche nach ethisch engagierten Gründern. Die Einstiegskosten sollen bei rund 75.000 Euro liegen.

Ähnliche Pläne treiben Jan Bredack um, den Erfinder von Deutschlands erster veganer Supermarktkette. Im Jahr 2011 wurde Filiale Nummer 1 in Berlin eröffnet, bis 2015 will Veganz europaweit auf 21 Standorte wachsen. Mit dem Franchisekonzept sollen Betreiber kleinerer Biomärkte angesprochen werden, die neue Perspektiven suchen, je nach Größe sind sie ab 100.000 Euro dabei. So viel Kohle auf den Grill legen müssen auch Döneria-Betreiber, die den veganen Royal Seitan-Döner von Erbils anbieten möchten. Der Münchner Imbissbetreiber Erbil Güner und sein Kompagnon Joachim Schoder wollen unter diesem Label demnächst Dependancen in Nürnberg, Ulm und Berlin an Franchise-Partner vergeben.

Ob es wirklich so kommt, bleibt abzuwarten. Unter der Haube ist Franchising ziemlich komplex, so man denn überhaupt geeignete Partner findet. Die neue Sattgrün-Filiale in Essen jedenfalls eröffnet ganz klassisch als Ableger der Düsseldorfer Zentrale. ANSGAR WARNER