Der Held, der keiner war

Er hat zwölf Jahre lang eine Geschichte erzählt, die ihn selbst zum Helden machte

Brian Williams (55), der normalerweise allabendlich auf NBC 8,5 Millionen Menschen die Weltlage erklärt, muss sich nun selbst erklären. Der Grund: Der prominenteste Moderator der USA hat gelogen. Er hat zwölf Jahre lang immer wieder eine Geschichte erzählt, die ihn selbst zum Helden machte: Darin saß er im Irak in einem Militärhubschrauber, der von einer Panzerfaust getroffen wurde. In der vergangenen Woche hat Williams sich während seiner Sendung entschuldigt. Am Wochenende räumte er seinen Stuhl bei den „Nightly News“. Er tat es freiwillig und nur für ein paar Tage. Doch sein Sender führt eine interne Untersuchung. Dabei dürfte es nicht nur um die Glaubwürdigkeit des Starjournalisten, sondern auch um Einschaltquoten und Werbeeinnahmen von NBC gehen.

In der großen Geschichte der Irak-Invasion, die mit Lügen über nichtexistente Massenvernichtungswaffen begann, nimmt sich Williams’ erfundene Story winzig aus. Doch die Veteranen, mit denen er im März 2003 in der Luft war, fanden es unerträglich, dass er immer wieder damit prahlte. Tatsächlich wurde der Hubschrauber, der eine Stunde vor Williams flog, beschossen. Erst als ein Reporter der Militärzeitung Stars and Stripes die Sache aufgriff, legte er ein öffentliches Geständnis ab und verband seine Entschuldigung mit einer Huldigung an die „mutigen Männer in Uniform“. Doch dieses Mal reichte das Militärpathos nicht.

Williams ist wie kein anderer die personifizierte Kabelfernsehkultur in den USA. Seit 2003 zelebriert er allabendlich die „Nightly News“. Er ist das Gesicht und die Stimme, die Kriege und Katastrophen in die Wohnzimmer tragen. Oft ist er selbst an den Schauplätzen. Sein Jahreseinkommen wurde schon 2008 auf 10 Millionen Dollar geschätzt. Williams erklärt seine Lüge als einen „missratenen Versuch“, einem Veteranen zu danken. Doch möglicherweise wird das nicht ausreichen, um seine Karriere zu retten. DOROTHEA HAHN