Niemand will die Markthalle

WIRTSCHAFTSFÖRDERUNG Bücher statt edler Häppchen und Sekt? Die Markthalle Vegesack sucht verzweifelt einen Nutzer. Jetzt soll die Bibliothek einziehen

■ 2007: Bau der Markthalle für vier Millionen Euro. Bremens Wirtschaftsförderung spendierte dafür 1,9 Millionen Euro.

■ 2009: Das Konzept ist gescheitert. Es soll ein Konzept erarbeitet werden. Die Halle wird zu großen Teilen mietfrei dem Fisch-Händler „Klabautermann“ überlassen.

■ 2010: Der Discounter Edeka bekommt die Halle zur Zwischennutzung, für die Zeit danach soll ein Konzept erarbeitet werden.

■ Juni 2011: Edeka geht raus und eröffnet als „Netto“ nebenan in der Kramer-Immobilie. Die Markthalle steht wieder leer. (taz)

Die Stadtbibliothek Vegesack soll in die schon seit Monaten leer stehende Markthalle auf den Sedanplatz in Vegesack umziehen. Das jedenfalls ist die Idee des Ortsamtsleiters Heiko Dornstadt. Er sieht keine Hoffnung mehr, dass die 2007 so schick gebaute Halle kommerzielle Nutzer finden könnte. „Eine wirklich glorreiche Idee, die glorreichste Idee aller Zeiten“, spottet Agnes Müller-Lang (FDP) – „und das soll der Attraktivitätssteigerung dienen? Und wer soll das bezahlen?“

Dabei sollte der Neubau das alte Zentrum von Vegesack aufwerten – als Kompensation für die Kaufkraft, die das Einkaufszentrum Haven Höövt abgezogen hatte. Eine Schlemmermeile hinter einer Glasfassade mitten auf dem Marktplatz sollte entstehen, so hatte es die Albrecht Vermögens-Verwaltung (AVW) den Bremer Wirtschaftsförderern versprochen – und die spendierten dafür 1,9 Millionen Euro. Die meisten Vegesacker hielten von Anfang nichts davon, weil sie ihre „Grünmarkt“-Stände liebten. Das interessierte niemanden.

Die schöne Markthalle floppte. Nicht nur, dass die Vegesacker offenbar gar keinen Bedarf an kulinarischen Häppchen mitten in ihrem Markttreiben hatten, es fanden sich von Anfang an auch gar nicht genügend Kaufleute, die die hohen Mieten tragen wollten. Häppchen gibt es nur noch auf www.markthalle-sedanplatz.de.

Zuletzt nutzte Edeka die leer stehende Halle. Doch Edekas Discounter „Netto“ ist inzwischen umgezogen, seit Juni steht die Halle nun wieder leer. Das sei „einfach kontraproduktiv“, so Holger Bruns, Sprecher des SPD-Wirtschaftssenators, der Umzug der Bibliothek wäre eine mögliche Lösung.

Nur: Die Zweigstelle Vegesack der Stadtbibliothek hat von sich aus gar kein Interesse, umzuziehen. Ihr Standort am Aumunder Heerweg liegt zentral und ist gut besucht. Weder für den Umbau der Halle noch für den Umzug oder eine höhere Miete hat sie Geld. Für Heiner Stahn, den Sprecher der Kulturbehörde, ist klar: „Einen Umzug kann es nur geben, wenn das Geld dafür aus anderen Töpfen kommt.“ Geld von der der Wirtschaftsförderung wird es für Umbau, Umzug und Miete aber nicht geben, betont Bruns.

Der neueste Schildbürgerstreich der Wirtschaftsförderung: Um eine Kegelbahn in das Souterrain des Kramer-Hauses zu locken, sollte für 371.000 Euro ein Fußgänger-Tunnel zu dem Parkhaus unter der Markthalle gebaut werden. Die Kegelbahn wird es nicht geben, der Tunnel wird gebaut und kostet 753.000 Euro. Maren Ewert