STARALBUM: RINKO KIKUCHI
: Der Ruhepol

Rinko Kikuchi fällt ein wenig raus. Fällt ein wenig raus aus diesem Festivalrummel, der geschaffen ist für Menschen, die nicht müde werden, ihre eigene Wichtigkeit zu ventilieren. Wunderschön sitzt sie da bei der Pressekonferenz – das Gesicht vom exakt frisierten Kurzhaarschnitt sorgfältig eingerahmt. Und doch schafft sie es, sich fast unsichtbar zu machen in ihrem schwarzen Mantel mit den feuerroten Aufschlägen.

Neben ihr witzeln und schäkern Regisseurin Isabel Coixet, Juliette Binoche und Gabriel Byrne mit den Journalisten. Kikuchi lässt höchstens mal ein kleines Lächeln offen zu – wird daraus ein Lachen, versteckt sie es schüchtern hinter der schmalen Hand. Es sind solche Gesten, die Kikuchi berühmt gemacht haben. Lange Zeit spielte die 34-jährige Japanerin in ihrer Heimat eher Nebenrollen, bevor das weltumspannende Episodendrama „Babel“ sie 2006 zum Weltstar machte. Ihre Darstellung eines wütenden taubstummen Teenagers brachte ihr eine Oscar-Nominierung ein, seitdem taucht sie regelmäßig auch in US-Produktionen auf. Und beeindruckte Kritiker immer wieder mit ausdrucksstarken Darstellungen wortkarger Charaktere – etwa in „Kumiko the Treasure Hunter“. Mit Auftritten wie in „Pacific Rim“ fand sie den Weg ins Blockbuster-Kino, spielte aber auch die Hauptrolle in der Verfilmung des Murakami-Romans „Naokos Lächeln“.

Auch im Eröffnungsfilm, „Nobody wants the night“, in dem zwei Frauen im polaren Winter ums Überleben kämpfen, gelingt es Kikuchi, viel Emotion über wenig Text zu transportieren. Wie schön es gewesen wäre, hätte sie damit in einem Film auftreten dürfen, der es schafft, das Geschmäckle von westlich-zivilisatorischer Überlegenheit und Ethnokitsch gänzlich abzuschütteln.

Vorsichtig, ein wenig schüchtern sagt Kikuchi, dass sie sich freut, endlich einmal nicht als Japanerin, sonden für die Rolle einer Innuit-Frau besetzt worden zu sein.

So sitzt sie auch hier auf der Pressekonferenz: Auf den Punkt akkurat gestylt, hochkonzentriert, kontrolliert. Still und heimlich hat sie Juliette Binoche im Film die Show gestohlen. Und schafft es sogar, sich aus dem Fokus dieser Pressekonferenz hinwegzuzaubern. So überzeugend, dass der Moderator ihr nicht nur das Wort abschneidet, sondern die Pausenmusik bereits einsetzt, wenn sie damit ringt, die letzte an sie gerichtete Frage sinnvoll zu beantworten. Die, wie es ist, nichtwestliche Gegenparts zu verkörpern. MEIKE LAAF