Die Randale der Black Blocker

ITALIEN Die meisten Menschen demonstrierten in Rom friedlich, bis sie schließlich von Schlägern des Schwarzen Blocks vertrieben wurden. Die Bilanz bleibt daher bitter

AUS ROM MICHAEL BRAUN

Mehr als hunderttausend Menschen gingen in Rom friedlich protestierend auf die Straße – doch am Ende reichte die Präsenz von einigen hundert Angehörigen des Schwarzen Blocks, um stundenlange Straßenschlachten zu entfesseln und den imponierenden Zug in mehrere isolierte Teile aufzusplittern. Am Ende waren ausgebrannte Autos ebenso wie der Brand in einem Bürogebäude des Verteidigungsministeriums zu bilanzieren; zugleich trugen mehrere Personen teils schwere Verletzungen davon.

Gewalt lag von Anfang an in der Luft; so bunt gemischt das Teilnehmerfeld war, so fiel doch schon am Sammelpunkt um 14 Uhr das völlige Fehlen von Familien mit Kindern auf. Schließlich hieß es schon seit Tagen, in Rom sei mit Ausschreitungen und „Widerstandsaktionen“ zu rechnen.

Die meisten allerdings waren mit völlig anderen Absichten gekommen. Der enorme Block der Studenten, die Tausende prekär Beschäftigten, Schüler ebenso wie die Veteranen des Protests aus Basisgewerkschaften und aus der radikalen Linken nahmen mit zahlreichen Plakaten und Spruchbändern jene aufs Korn, die ihnen als Verursacher der Krise gelten. „Ihr könnt alle Blumen abschneiden, aber unseren Frühling werdet ihr nicht stoppen“, hieß es da. Eine Gruppe von Protestierern war mit selbst gemalten Fahnen unterwegs, auf ihnen nicht Hammer und Sichel, sondern Gabel und Sichel, darunter der Slogan „Eat the rich!“.

Doch schon eine halbe Stunde nach dem Start der Demo begann der kleine Schwarze Block sein Werk: ein paar hundert Leute mit den üblichen Kapuzenshirts, mit Motorradhelmen und teils auch mit Atemschutzmasken. Der Protestzug wurde gleichsam in Geiselhaft genommen. Während die Umstehenden lautstark die Autonomen aufforderten, von Gewaltakten abzulassen, begannen diese zunächst, Rauchbomben zu werfen und dann ein Auto abzufackeln. Wenige Kilometer weiter dann ging, einen Steinwurf vom Kolosseum entfernt, ein Bürogebäude des Verteidigungsministeriums in Flammen auf.

Vom Gros der Demonstranten schlug den Black Blockers offene Feindschaft entgegen. „Ihr spielt, doch die Polizei spielt am Ende besser als ihr! Ihr seid stupide!“, warf eine ältere Dame einer Gruppe Vermummter entgegen. Und vom Lkw der Basisgewerkschaften kam über den Lautsprecher harsche Kritik an den „sinnlosen Akten der Wut, die zu nichts führen“. „Wir wollen hier weder vermummte Gesichter noch Helme sehen.“

An der Strategie, auf den Protest der anderen zu pfeifen und das Auseinanderbrechen des Demonstrationszugs in Kauf zu nehmen, änderte dies jedoch nichts. Im Gegenteil: Je näher die Demonstranten dem Zielort, dem weiten Vorplatz der Basilika San Giovanni in Laterano, kamen, desto härter schlugen die Black Blocker zu. Am Ende waren sie auf dem Platz allein mit der Polizei und hatten faktisch vor allem die 150.000, womöglich gar 200.000 friedlichen Protestierer vertrieben. Wenig nützte es da, wenn diese betonten: „Wir sind 99 Prozent, die Randalierer bloß eine Handvoll.“ Vor San Giovanni kam es zu einer stundenlangen Schlacht mit Polizei und Carabinieri. Pflastersteine gegen Tränengasgranaten, dazu immer wieder Einsatzwagen, die gegen die nunmehr recht kleine Menge vorrückten, so das Bild. Die Folgen waren dramatisch: Erst überrollte ein Mannschaftswagen einen Demonstranten, dann ging ein Carabinieri-Fahrzeug in Flammen auf.

„Wir werden wieder einmal die Debatte über Gewaltlosigkeit führen müssen“, bemerkte ein Demonstrationsveteran ratlos, während er sich mit eingerollter Fahne auf den Weg zum Bahnhof machte. Rund 70 Menschen wurden verletzt, 12 Protestierer wurden nach Angaben von Nachrichtenagenturen festgenommen.