Weniger Geld gegen Diskriminierung

BUNDESHAUSHALT Union und FDP kürzen die Mittel der Antidiskriminierungsstelle. Als Grund führen sie auch die Schuldenbremse an. Für Linke, SPD und Grüne sind das „vorgeschobene Totschlagargumente“

Die FDP hält eine Kürzung von 4 Prozent bei der ADS durchaus für zumutbar

BERLIN taz | Einen „Affront“ und „ideologisch motiviert“ nennen Grüne und Linke die Budgetkürzungen bei der Antidiskriminierungsstelle des Bundes (ADS). Im Regierungsentwurf zum Bundeshaushalt 2012 war für die Behörde ursprünglich ein Etat von 2,9 Millionen Euro vorgesehen –ähnlich wie in den Vorjahren. Und wie bereits damals wurde der Rotstift angesetzt: In einer Sitzung des Haushaltsausschusses des Bundestags Ende September wurden die veranschlagten Mittel mit schwarz-gelber Mehrheit um etwa 12 Prozent geschmälert.

Die Kürzungsanträge von Union und FDP seien überraschend gestellt und „unter anderem mit vorgeschobenen Totschlagargumenten wie der Schuldenbremse begründet worden“, sagt der Abgeordnete Sven-Christian Kindler von der Grünen-Bundestagsfraktion. Er und Steffen Bockhahn von der Fraktion der Linken sehen nun die Arbeit der Behörde für eine diskriminierungsfreie Gesellschaft als gefährdet an.

Seit 2006 will die ADS Diskriminierung etwa wegen Hautfarbe, Religion oder Geschlecht durch Beratung, Forschung sowie Kampagnen verhindern. Die Einrichtung der Behörde gründet auf dem Allgemeinen Gleichstellungsgesetz (AGG), das die Aufgaben der ADS festschreibt. Deren Leiterin Christine Lüders (parteilos) zeigt sich besorgt über die Kürzungen von 367.000 Euro: „Es ist fraglich, wie wir mit diesem Budget unseren gesetzlichen Aufgaben zur Forschung und Öffentlichkeitsarbeit nachkommen können“, sagt Lüders.

„Ich rette keinen Haushalt damit“, gibt Andreas Mattfeldt, der zuständige Haushaltsberichterstatter der CDU, zu. Dennoch müsse jede kleinste Einheit ihren Beitrag zur Einhaltung der Schuldengrenze leisten. Zudem hätte die ADS die veranschlagten Mittel für 2011 an den gekürzten Stellen nicht gebraucht. Im Bereich Öffentlichkeitsarbeit etwa hat die ADS bis zum 12. August dieses Jahres 26.000 Euro ausgegeben. Hier stehen ihr für 2011 allerdings 200.000 Euro zur Verfügung.

„Das ist haushaltstechnisch nicht sauber, nur die Ausgaben bis August zu betrachten“, beklagt Kindler. Denn viele Kosten würden erst zum Ende des Jahres anfallen. Außerdem seien die einzelnen Titel flexibel, sodass Mittel, die für die Öffentlichkeitsarbeit vorgesehen waren, auch beim Personal ausgegeben werden könnten. „Dort gibt es mehr Ausgaben, weil die ADS in diesem Bereich und auch insgesamt unterfinanziert ist“, sagt Kindler.

Die FDP hält dagegen: Schließlich stünden der Antidiskriminierungsstelle für 2012 etwa 2,5 Millionen Euro zur Verfügung. Das seien lediglich 4 Prozent weniger als in diesem Jahr. Eine zumutbare Kürzung, findet die Partei – zumal 2011 nicht verwendete Gelder auch noch im nächsten Jahr ausgegeben werden dürften. Die zunächst im Haushaltsentwurf veranschlagten 2,9 Millionen Euro hält Kindler jedoch für gerechtfertigt.

Die ADS habe unter Leitung von Lüders bis jetzt gute Arbeit geleistet. Dabei denkt Kindler unter anderem an das Pilotprojekt anonymisierter Bewerbungen, also ohne die Angabe von Alter, Geschlecht und Herkunft. „Und eine bundesweite Aufklärungskampagne zum Thema Altersdiskriminierung steht durch die Kürzungen auf der Kippe“, sagt der Grünen-Politiker.

Auch aus der SPD wird Kritik laut: Die Abgeordneten aus Union und FDP würden die Arbeit der Antidiskriminierungsstelle systematisch kaputt machen, sagt Rolf Schwanitz, Haushaltsberichterstatter der SPD-Bundestagsfraktion. Es sei bereits das dritte Mal in dieser Wahlperiode, dass Schwarz-Gelb das Budget der Antidiskriminierungsstelle zusammenstreiche.

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