Vom SS-Sturmbannführer zum Amtmann

KARRIEREN Wer in den 1950er Jahren so alles beim Verfassungsschutz arbeitete – eine kleine Auswahl

BERLIN taz | In den 1950er Jahren waren etwa 13 Prozent aller Mitarbeiter beim Verfassungsschutz ehemalige Nazis – deutlich weniger als in vergleichbaren Behörden. Und doch gab es dort an prominenter Stelle hochrangige NS-Funktionäre.

Erich Wenger alias Erich Wolters war Mitglied der Leibstandarte Adolf Hitler, SS-Mitglied und 1944 in den Vogesen für die Partisanenbekämpfung zuständig. Beim Verfassungsschutz brachte er es bis zum Gruppenleiter in der Abteilung Spionageabwehr.

Gustav Halswick war Kriminaldirektor im SS-Reichssicherheitshauptamt, das federführend den Massenmord an den Juden verantwortete, und 1943 SS-Sturmbannführer im besetzten Frankreich. Halswick wurde 1951 in Paris in Abwesenheit wegen Plünderungen zu zehn Jahren Haft verurteilt. 1954 gründete er in Köln im Auftrag des Verfassungsschutzes eine Tarnfirma, die etwa 40 Ex-Nazis beschäftigte. Er war Sonderbeauftragter des Verfassungsschutzpräsidenten Schrübbers.

Hubert Schrübbers wiederum war von 1955 bis 1972 Chef des Verfassungsschutzes. In der NS-Zeit hatte er als Oberstaatsanwalt in diversen Verfahren gegen rassistisch und politisch Verfolgte die Anklage geführt – oft mit tödlichen Folgen.

Johannes Strübing war Gestapo-Kommissar und SS-Hauptsturmführer – beim Verfassungsschutz Amtmann.

Gustav Barschdorf war bis 1964 leitender Beamter des Hamburger Verfassungsschutzes. In der NS-Zeit arbeitete er bei der Gestapo im Kommunistenreferat in Wien, später bei der Gestapo in Oslo. Seit 1943 SS-Mitglied. 1974 wurde er wegen der Ermordung eines norwegischen Widerstandskämpfers zu lebenslanger Haft verurteilt, aus gesundheitlichen Gründen aber für haftunfähig erklärt.

Walter Odewald war Mitarbeiter des SS-Reichssicherheitshauptamts. Er arbeitete in Frankreich und im tschechischen Prag. Schon 1950 stieß er zum Verfassungsschutz und kam zur Bundesnachrichtenstelle Hannover, dessen Tätigkeit sich gegen die DDR richtete. Weil seine NS-Karriere bekannt wurde, entfernte man Odewald aus der Behörde. Odewald wurde allerdings umgehend vom niedersächsischen Landesamt für Verfassungsschutz eingestellt – und an das Bundesamt ausgeliehen.

STEFAN REINECKE