Streitbarer Kassenwart

Janis Varoufakis ist Griechenlands oberster Kassenwart. Er gehört nicht zu den marxistisch orientierten Wirtschaftsexperten der Linkspartei, gilt aber als streitbarer Ökonom, der sich vehement gegen die aus seiner Sicht desaströse Sparpolitik deutscher Prägung wehrt. Seit Langem fordert er einen Schuldenschnitt, damit sich das Land nachhaltig erholen kann.

Seine Werke sind in Griechenland Bestseller. In „Der globale Minotaurus – Amerika und die Zukunft der Weltwirtschaft“ fordert Varoufakis einen Neuanfang in der europäischen Krisenpolitik. Hastige Rettungsaktionen würden die Schuldenkrise sogar noch verschlimmern, erläutert der 53-Jährige. Erforderlich seien stattdessen „historische Entscheidungen“. Deutschland dürfe die Krisenländer „im eigenen Interesse“ nicht untergehen lassen.

Frühere Äußerungen von Varoufakis ließen Sympathie für eine Rückkehr zu nationalen Währungen in Europa erkennen. Der Ökonom fühlt sich missverstanden und erklärt bei jeder Gelegenheit, er habe sich nie für den Euroausstieg ausgesprochen – und diesen auch nicht als Wirtschaftskonzept für die griechische Linkspartei gewollt.

Jedenfalls beruft sich Varoufakis – anders als viele seiner Parteigenossen – stets auf Zahlen und Wirtschaftsdaten, er argumentiert kaum ideologisch. Zudem spricht er im Gegensatz zu den meisten Syriza-Politikern perfekt Englisch. In den letzten Monaten war Varoufakis als Visiting Professor an der Universität Texas tätig und intervenierte nur noch per Skype in die griechische Wirtschaftspolitik.

Nach seiner Rückkehr in die Heimat steht ihm ein freundlicher Aufpasser zur Seite: der bisherige Vizepräsident des griechischen Parlaments, Jannis Dragasakis, ein in London studierter Ökonom, der bei Freund und Feind höchstes Ansehen genießt. JANNIS PAPADIMITRIOU