Frust mit dem Elterngeld auch in Bremen

Kleingedrucktes drückt die Eltern kleiner Kinder: Die Bezugsdauer ist oft kürzer als von der Bundesregierung beworben

Wenn Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen (CDU) über das Elterngeld spricht, kommt sie ins Schwärmen. Die siebenfache Mutter bezeichnet die neue Leistung als „Schonraum für junge Eltern, um ohne finanzielle Sorgen in das Familienleben hineinzufinden“. Die Regierung wirbt damit, dass das Geld bis zu 14 Monate gezahlt wird. Davon sind auch die berufstätige Bremerin Sabine Ahua und ihr Mann ausgegangen. Doch tatsächlich fließt der Lohnersatz bei ihnen nur zwölf Monate. Nun herrscht bei den Ahuas Frust, der kein Einzelfall ist.

Nach der Geburt ihrer Tochter im Mai hat die Diakonin einen Antrag auf Elterngeld gestellt. Grundsätzlich erhält ein berufstätiger Elternteil ein Jahr 67 Prozent des bisherigen Nettoeinkommens, falls im Job eine Babypause eingelegt wird. Wenn wie bei den Ahuas auch der Papa das Kind mindestens zwei Monate betreut, soll das Elterngeld laut Gesetz 14 Monate fließen. Wer sich aber näher mit den Paragrafen befasst, stößt auf eine Regelung, die den Ahuads die Freude auf den durch das Familienministerium in Aussicht gestellten finanziellen Schonraum verdorben hat: Von der Elterngeld-Zeit wird die achtwöchige Mutterschutz-Frist abgerechnet: Berufstätige Mütter bekommen das Elterngeld in der Regel erst ab der neunten Woche nach der Entbindung im Anschluss an das Mutterschaftsgeld.

„Das stand von Anfang an im Gesetz“, sagt Jost Ebener von der Bremer Arbeitnehmerkammer. Doch der Jurist und Elterngeld-Experte berichtet auch von „reichlich Irritationen“. Ausgelöst werden sie durch den Gegensatz zwischen den 14 Monaten, mit denen Familienministerin von der Leyen für ihre Politik wirbt, und der zwei Monate kürzeren Realität.

Um so größer war die Enttäuschung, als dann der Bewilligungs-Bescheid auf dem Tisch lag: „Ich war fix und alle. Und dabei habe ich in vielen Behörden gefragt. Von der Abrechnung der Mutterschutz-Frist hat mir niemand etwas gesagt.“ Familien hätten nach der Geburt ganz andere Dinge im Kopf, als Paragrafen zu studieren. Vielen berufstätigen Frauen gehe es ähnlich wie ihr, sagt Ahua. Laut Statistischem Bundesamt sind im ersten Halbjahr des laufenden Jahres 200.000 Anträge auf Elterngeld bewilligt worden. Etwa ein Viertel entfiel auf berufstätige Mütter wie Sabine Ahua.

Dieter Sell/epd